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Peaks of the Balkans 1

Samstag, 22.07.2023: Valbona – Cerem

Geschlafen habe ich nicht so gut, habe mir doch einige Gedanken darĂŒber gemacht, wie es in den nĂ€chsten Tagen weitergeht. FrĂŒhstĂŒck gab’s um 7:00 Uhr, nichts Dolles, aber ganz okay. Nicht wirklich anfreunden kann ich mich allerdings mit dem ziemlich trockenen und extrem dick geschnittenen Weißbrot, das ich jetzt schon ein paar Mal hier bekam. Dieselben Sachen, die es zum FrĂŒhstĂŒck gab, standen dann noch auf einem Extratisch parat (plus ein paar Schokoriegel), damit man sich dort in Selbstbedienung ein Lunchpaket zusammenstellen konnte, das war praktisch! Um 8:00 Uhr sollte der Transfer kommen. Passenderweise konnte ich mich lose einer Gruppe des DAV Summit Clubs anschließen, deren Tour ebenfalls von Zbulo organisiert war, die heute dieselbe Etappe wie ich lief und deren Transfer ich auch nutzen konnte. Das gab mir ein wenig Sicherheit, allein in den Bergen, denn ich wusste bis zu dem Zeitpunkt noch gar nicht, wieviele Wanderer dort oben so unterwegs sind oder ob ich da mutterseelenallein unterwegs sein wĂŒrde. Schließlich gab es dort auch keine Handy-Abdeckung, und wenn wirklich mal etwas passieren sollte… Der Transfer kam etwas verspĂ€tet um 8:30 Uhr, gleichzeitig trafen aber auch Jens und Ilona wieder aus dem Krankenhaus ein, Jens ging es zum GlĂŒck deutlich besser – Gott sei Dank! Allerdings war er immer noch etwas schlapp und mitgenommen von den Ereignissen des Vortags, deshalb wollten die beiden trotzdem die nĂ€chsten Tage noch in Valbona verbringen, es dort langsam angehen lassen und erst spĂ€ter wieder zu mir stoßen, was sicher eine kluge Entscheidung war. Ich fuhr also wenige km mit der DAV Summit Club-Gruppe zum Start der Wanderung und los ging’s, direkt auf einen recht steilen und fordernden Aufstieg. 1200 Höhenmeter ging es quasi nur bergauf, fast ohne flache Etappen zum Verschnaufen zwischendurch. So eine anstrengende Tour habe ich schon lange nicht mehr gemacht, und das auch noch bei Temperaturen von ĂŒber 30 Grad Celsius! Zum GlĂŒck fĂŒhrte der Weg anfangs durch den Wald, wo es relativ kĂŒhl war , spĂ€ter wurde es kĂŒhler und windiger, je höher man kam. Sehr schön waren die Blumenwiesen, die ich queren musste. Zwar war auch hier, wie schon im Tal, die HauptblĂŒtezeit bereits vorbei, es gab aber trotzdem noch viele Enziane, Königskerzen, gelben Fingerhut, und sogar ein paar TĂŒrkenbundlilien standen am Wegesrand. Nachdem der Weg zuletzt nur noch ĂŒber offene Matten verlief, erreichte ich schließlich nach 3 Âœ Stunden den Persllopit-Pass, der die Grenze zu Montenegro bildet und den höchsten Punkt der heutigen Etappe. Ab dort ging es ĂŒberwiegend (aber nicht nur) noch bergab. Nach dem obligatorischen „Gipfelfoto“ fĂŒhrte der Weg bald an einer Eishöhle vorbei, aus der ein kalter Windhauch strömte. Hier konnte ich sogar einen Geocache loggen! Danach suchte ich mir ein ruhiges PlĂ€tzchen fĂŒr meine Mittagsrast. Mit der Ruhe war es allerdings bald vorbei, als sich nur wenige Minuten spĂ€ter 6 Montenegriner Wanderer direkt neben mir niederließen und lautstark palaverten. Die PlĂ€tze im Schatten waren halt nicht allzu zahlreich und sehr begehrt! Ich aß einen Apfel und ein KĂ€sebrot, bekam aber das trockene Brot nur schwer runter und musste dazu ziemlich viel Wasser trinken. Danach lief ich weiter, und jetzt wurde der Weg ĂŒberraschenderweise doch noch mal ein bisschen fordernd. Es ging nĂ€mlich ĂŒber unwegsames und steiniges KarstgelĂ€nde bergab, teilweise konnte man das nur kletternd mit HĂ€nden und FĂŒĂŸen bewĂ€ltigen, da musste ich auf jeden Schritt echt aufpassen. Umso froher war ich, als ich endlich das Tal kurz vor dem Bor-Pass erreichte. Ab hier wurde der Weg wieder technisch deutlich einfacher. Hinter dem Pass kehrte ich, zusammen mit der DAV-Gruppe, auf einer Hirtenalm ein, wo ich mir nicht nur eine kalte Cola, sondern auch einen leckeren Joghurt aus Kuh- und Schafsmilch mit selbstgemachtem Honig schmecken ließ (jeweils 2 Euro). Weiter ging der Abstieg, etwas nervös wurde ich, als ich plötzlich in der Ferne mehrere große Hunde frei herumlaufen sah. Die sollen hier in den Bergen nĂ€mlich teilweise durchaus aggressiv sein. Die Hunde querten allerdings den Hang, ohne sich fĂŒr mich zu interessieren, kurz danach kam dann auch der zugehörige Hirte mit seiner Herde, so konnte ich jetzt wieder entspannter meinen Weg fortsetzen. Knapp 2 Stunden dauerte noch der lĂ€ngere Abstieg, bis ich schließlich mein Ziel, die Siedlung Cerem erreichte. Komischerweise konnte ich nicht dem GPX-Track folgen, der auf dem GPS-GerĂ€t hinterlegt war, das man uns gegeben hatte, denn ein Abzweig, der dort vermerkt war, existierte nicht. Ich entschloss mich daher, dem Track zu folgen, den ich auf meinem eigenen Handy gespeichert hatte, und der brachte mich auch ans Ziel. Im Übrigen kam auch die DAV-Gruppe auf demselben Weg wie ich kurz nach mir an, also dĂŒrfte das wohl der richtige gewesen sein. Im Guesthouse „Vita“ in Cerem erhielt ich ein nettes 2-Bett-Zimmer, Abendessen gab’s fĂŒr alle dann um 19:00 Uhr, nachdem ich zuvor geduscht und das wider Erwarten hier vorhandene WLAN genutzt habe. Und auch Strom gab es entgegen dem, was ich vorher gelesen hatte. Die Zivilisation erreicht die Bergdörfer hier also mit Macht! Das Abendessen war auch wieder lecker und ĂŒppig, wie ich das schon gewohnt war. Neu war eine Rindfleischsuppe also Vorsuppe, so etwas gab es bisher noch nie. Außerdem bekamen wir Paprikaschoten, die mit einem etwas angegoren schmeckenden FrischkĂ€se vermengt waren, das war auch ganz interessant. Ein abschließender Bergtee beruhigte meinen Magen, ehe ich auch heute wieder etwas frĂŒher nach einem anstrengenden Tag zu Bett ging.

đŸ„Ÿ: 15,0 km

Sonntag, 23.07.2023: Cerem – Doberdol

Im Vergleich zum gestrigen war dieser Tag echt entspannt! Zwar gab es fast genauso viele Höhenmeter, die waren aber viel gleichmĂ€ĂŸiger verteilt, es ging immer wieder auf und ab, da fiel das nicht so auf. Und auch der Untergrund war meist angenehm, viel Waldboden, das war richtig schön. Landschaftlich war die Tour ganz anders, wĂ€hrend es am Vortag fast ausschließlich durch hochalpine Landschaft ging, fĂŒhrte der Weg heute meist durch Buchen- oder KiefernwĂ€lder oder ĂŒber blĂŒhende Wiesen. FĂŒr’s Auge war das herrlich, und der viele Schatten zwischendurch tat auch gut, da es auch weiterhin sehr, sehr heiß war. FrĂŒhstĂŒck gab’s ab etwa 7:15 Uhr, ganz lecker, Spiegelei, gebratene Paprika und Milchreis mit Pflaumenmarmelade, nur leider erstmal ohne HeißgetrĂ€nk, das musste ich mir extra in Form eines Bergtees organisieren. Gegen 8:00 Uhr brach ich auf, und es folgte gleich das anstrengendste TeilstĂŒck des Tages. Es ging bergauf, bergauf und weiter bergauf, erst durch einen Wald, dann ĂŒber eine große Wiese, der Schweiß tropfte mir nur so ĂŒber’s Gesicht. Oben auf der Fahrstraße angekommen war dann aber zum GlĂŒck dieser Part geschafft, ohne die große Hitze wĂ€re es ab jetzt eine regelrechte Genusswanderung geworden. Die WegfĂŒhrung war sehr abwechslungsreich und es gab immer wieder tolle Ausblicke – richtig schön! Es waren auch nicht gerade wenig Wanderer unterwegs, mehr als am Vortag, aber es hielt sich immer noch im Rahmen. Vermutlich lag das daran, dass es am Vortag von Valbona nach Cerem zwei Alternativrouten gab und die Wanderer sich so verteilten, heute aber alle wieder denselben Weg nehmen mussten. Mittagsrast legte ich an einem Unterstand am Aljuci-Pass ein. Nebenan war auch ein Lokal, aber ich beschrĂ€nkte mich auf mein Lunchpaket, das ich am Morgen in Cerem erhalten habe. SpĂ€ter kaufte ich mir am Wegrand unterwegs an einer HĂŒtte noch eine Fanta. Die Dame bot mir auch frisch gebratene Pfannkuchen an, aber dafĂŒr war ich leider zu dem Zeitpunkt von meiner Mittagsrast noch zu satt. Gegen 14:30 Uhr schließlich, nach einem letzten und nochmal recht anstrengenden Aufstieg, hatte ich schließlich die Hochalm vom Doberdol, meinem Ziel, erreicht. Die Unterkunft fand ich sofort, man lotste mich in eine 2er-HĂŒtte, die ich mir mit Endres teilte, einem DĂ€nen, den ich unterwegs schon ein paar Mal getroffen hatte. Die Dusche hatte hier tatsĂ€chlich warmes Wasser, danach fĂŒhlte ich mich wie neugeboren. Nach einem wohlverdienten, kurzen Nickerchen drehte ich noch eine kleine Runde durch die verstreut liegende Siedlung. Überraschenderweise traf ich dabei auch auf einen Zeltplatz mit sicher 30 oder 40 kleinen Zelten, soviel Betrieb habe ich hier dann doch nicht erwartet. Die meisten Camper fanden sich ein StĂŒck weiter an einem natĂŒrlichen Pool unterhalb eines Wasserfalls in der Ortsmitte ein, ein wirklich hĂŒbsches Fleckchen Erde! Abendessen gab es in meiner Unterkunft (wie auch sonst ĂŒblich) um 19:00 Uhr, neben den gewohnten Beilagen bekamen wir heute auch mal Spaghetti und Wassermelone, eine nette Abwechslung. Gegen 20:00 Uhr wurde die Tafel wieder aufgehoben, da stellte sich mir dann die Frage, was ich mit dem restlichen Abend anfangen sollte, denn viel war hier oben ja nicht los. Also las ich noch ein wenig, schrieb Tagebuch und machte dann schließlich um 21:00 Uhr das Licht aus.

đŸ„Ÿ: 15,7 km

Montag, 24.07.2023: Doberdol – Milishevc

Und wieder hatte es jemanden erwischt: in der DAV-Reisegruppe fand sich ein weiteres Durchfall-Opfer. Nachdem einige schon in Valbona und weitere in Cerem wegen Durchfallbeschwerden „ausgefallen“ sind und von ursprĂŒnglich 12 Teilnehmern nur noch 5 hier oben in Doberdol ankamen, hat sich nun also deren Teilnehmerzahl weiter dezimiert. Auch um einen herum hört man immer wieder von Durchfallproblemen. Unglaublich, wieviele Touristen hier betroffen waren! Es kursierten die wildesten GerĂŒchte, von Lebensmittelvergiftung ĂŒber verseuchtes Trinkwasser aus den BergbĂ€chen bis hin zum Noro-Virus, was auch immer. Auf alle FĂ€lle war ich froh, dass ich bisher verschont geblieben war. Geschlafen habe ich gut, gegen 5:30 Uhr bin ich das erste Mal erwacht, musste zur Toilette, bin dann aber nochmal fĂŒr 1 Stunde wieder eingeschlafen. FrĂŒhstĂŒck gab es kurz nach 7:00 Uhr, das war ganz lecker, wenn auch zum Großteil schon am Vorabend vorbereitet und daher durchweg kalt, nur (leckere) WĂŒrstchen wurden frisch und warm serviert, dazu gab es wieder mal den guten Bergtee, einen Tee aus typischen, hiesigen KrĂ€utern, der nicht nur den Erkrankten guttat. Ich musste noch meine Schulden fĂŒr 1 Lemonsoda zahlen, den ich mir am Vortag gönnte (mein neues LieblingsgetrĂ€nk hier in Albanien!), fĂŒllte meine Wasserflaschen (2.5 Liter insgesamt) an der Zapfstelle in der Hoffnung, dass das Bergquellwasser hier nicht fĂŒr die DurchfĂ€lle verantwortlich ist und brach dann gegen kurz vor 8:00 Uhr zu meiner nĂ€chsten Tagesetappe auf. Es sollte die bisher lĂ€ngste Etappe werden, wieder anstrengender als am Vortag, aber landschaftlich die bisher schönste, denn es blĂŒhten ĂŒberall Sommerblumen und die Blicke gingen weit in die grandiose Landschaft. Nur das letzte Viertel der Etappe war dann nicht mehr so toll. Am anstrengendsten war wieder mal der erste Abschnitt, der Anstieg raus aus dem Talkessel von Doberdol. Zum GlĂŒck war es noch nicht so sehr heiß, auch wenn die Sonne schon schien, aber die Luft auf 2000 Meter Höhe war halt doch kĂ€lter, allerdings auch dĂŒnner als weiter unten im Tal. Oben auf dem Grat angekommen eröffnete sich ein toller Blick hinĂŒber nach Montenegro, mich zog es aber noch weiter auf den Gipfel des Tromeda, des Bergs, auf dem die drei Staaten Albanien, Montenegro und Kosovo in einem DreilĂ€ndereck aneinander stießen. Der Ausblick von hier oben war wirklich grandios, und ĂŒberraschenderweise hatte ich den Gipfel ganz fĂŒr mich alleine! Der Abstecher, fĂŒr den ich meinen Rucksack kurz an einem Unterstand am Weg ablegte, dauerte ca. 40 Minuten mit Pause, dann ging es weiter in Richtung meines heutigen Etappenziels. Erst lief in einiger Entfernung vor mir noch ein hollĂ€ndisches PĂ€rchen, das aber bald (wie viele andere Wanderer auch) ins Tal von Babino Polje abbog, auf dem restlichen Weg des Tages, immerhin noch ca. 15 km, sah ich dann nur noch 2 weitere Wanderer! FĂŒr Mitte Juli fand ich das ziemlich einsam, an den beiden Tagen zuvor war da deutlich mehr los. Der Weg fĂŒhrte mich erst ĂŒber eine breite Schotterstraße unterhalb eines kleinen Gipfels entlang, ehe er schließlich, jetzt wieder als schmaler Pfad, in ein wunderschönes Tal eintauchte, an dessen Ende ich zum Roshkoli-Pass aufstieg. Oben auf dem Pass empfahl mein Tourbuch von Zbulo einen Stopp zum Picknicken, es war dort aber aber so windig, dass ich regelrecht fror und mir daher ein PlĂ€tzchen auf einer Wiese erst wieder etwas tiefer im Abstieg suchte. Dort legte ich eine gemĂŒtliche Pause ein, ehe es auf das letzte Drittel der Strecke ging. Das zog sich dann ziemlich. Anfangs war der Abstieg noch sehr schön, verlief ĂŒber Wiesen und Kuhweiden, wurde im weiteren aber etwas anstrengender, geröllig und ausgewaschen, als der Weg parallel zu einem kleinen Canyon verlief, da musste man schon ziemlich darauf achten wohin man tritt. SpĂ€ter kam dann noch viel Matsch dazu aufgrund der BergbĂ€che und der Hinterlassenschaften der zahlreichen KĂŒhe hier oben. Einfacher, aber landschaftlich nicht mehr so schön, wurde es spĂ€ter, als der Weg wieder auf einer Schotterpiste nach Roshkodol und an dem Ort vorbei verlief. Hier schien alles irgendwie ausgestorben, dabei gleichzeitig picobello gepflegt, als stĂŒnden hier nur WochenendhĂ€user reicher StĂ€dter. Es folgte ein letzter Aufstieg, weiterhin ĂŒber eine Schotterpiste, bis ich endlich meine Unterkunft “Lojza” in Milishevc erreichte. Der Empfang war freundlich, die HĂŒtte einfach-rustikal, aber ordentlich eingerichtet, und auf’s Haus gab es erstmal einen Raki. Wurde auch Zeit nach vier Tagen hier im Balkan! Der vom Vater des Wirts selbstgebrannte Pflaumenschnaps war lecker, ebenso wie das anschließende Abendessen, das ich zusammen mit einem HollĂ€nder einnahm, der hier zeltete, denn bisher waren wir die einzigen GĂ€ste. SpĂ€ter kam noch eine Gruppe von 5 Spaniern in die HĂŒtte, ein paar andere GĂ€ste hatten aber wohl storniert, auch wieder wegen Durchfallproblemen… sehr Ă€rgerlich, sowohl fĂŒr die GĂ€ste, als auch fĂŒr den Wirt!

đŸ„Ÿ: 19,6 km

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