Dienstag, 25.07.2023: Reka e Allages – Drelaj
Und das nächste Opfer: jetzt hatte es den Holländer erwischt, auch er hat in der Nacht Durchfall bekommen. Was sagte der Wirt gestern noch zu mir? „Last man standing“! Geschlafen habe ich sehr gut, bis die Spanier um 5:00 Uhr anfingen, Lärm zu machen. Das Frühstück war auch hier nicht schlecht, zwar gab es wieder nur wabbeliges Weißbrot, dafür aber Mortadella, Gouda und sogar Schokocreme, eine nette Abwechslung! Zum Start meiner heutigen Etappe sollte mich ein Shuttle fahren, denn der Weg führte erstmal eine ganze Zeit über Straßen, und das sollte übersprungen werden, da nicht so schön zum Wandern. Der Shuttle kam mit etwa 30 Minuten Verspätung, das war vor allem deshalb doof, da es heute nochmals 3-4 Grad wärmer werden sollte als gestern, 37 Grad waren für den nächsten, größeren Ort Peje angesagt! Je eher ich meine Wanderung starten konnte, umso besser hätte ich die Mittagshitze umgehen können. Die Fahrt verlief zuerst über eine übelste Schlaglochpiste, so holperig, dass es schon wieder ein Erlebnis war. Später ging es auf Asphalt durch den Rugova-Canyon, der war auch wirklich extrem eindrucksvoll, vor allem durch seine Enge, mehrere Felstunnel waren in die schmale Schlucht geschlagen. Sogar eine Zipline gab es dort, gerne hätte ich hier noch mehr Zeit verbracht. Während der Fahrt durch den Canyon verreckte unser Wagen plötzlich mehrfach, ich machte mir schon Sorgen, mein Ziel heute gar nicht mehr zu erreichen. Der Defekt ließ sich aber mit einem Schraubenschlüssel unter der Motorhaube rasch beheben, zumindest vorübergehend, und ich kam schließlich nach 1 Stunde Fahrt in Reka e Allages an. Um 10:00 Uhr konnte ich endlich meine Wanderung starten. Ich wollte mir ja die Option zur Gipfelbesteigung des Berges Hajla offenhalten, merkte aber schon bei den ersten Schritten bergauf, dass das wohl keine gute Idee war: die Hitze, das steile, offene Gelände und meine körperliche Verfassung nach 3 doch durchaus anstrengenden Tagen ließen das einfach nicht zu. Ein weiterer Punkt mag dabei auch noch eine Rolle gespielt haben, das sollte ich aber erst am nächsten Tag gewahr werden. So entschied ich mich, nur bis zur Almhütte am Fuße des Gipfels zu wandern und von dort wieder ins Tal nach Drelaj abzusteigen. Tatsächlich bestand die Tour letztlich auch nur aus 2 Teilen: bis zur Hütte ging es kontinuierlich bergauf, danach dann stetig bergab. Obwohl ich schon das Gefühl hatte, im Schneckentempo zu laufen, machte ich bergauf trotzdem alle 20 Minuten eine Pause, wo immer sich Schatten bot. Der Weg kam mir aber auch wirklich steil vor und obwohl er häufig im Wald verlief, ging ich doch auch dort fast immer in der Sonne. Dazu kam noch, dass die Wegführung nicht immer ganz eindeutig war, es gab viele Wege, die auf meiner Karte gar nicht verzeichnet waren, was doof war, da ich dadurch an einer Kreuzung manchmal gar nicht genau wusste, welchen Weg ich einschlagen musste. Viele der Wege hier waren außerdem ziemlich breite Forstwege, das erinnerte mich doch sehr an die Wege in unseren deutschen Mittelgebirgen, fand ich nicht so toll. Immerhin gab es aber ein paar erste Blaubeeren im Wald! Schöner und spektakulärer wurde die Landschaft dann ab einer Höhe von ca. 1800 Meter über NN, nachdem ich so langsam den Wald verließ, hier gefiel es mir zunehmend besser, zumal im offenen Gelände einer leichter Wind ging, der die Temperaturen erträglicher erscheinen ließ. In der Almhütte kehrte ich ein und gönnte mir auch heute wieder ein Lemonsoda, ehe ich mich auf den langen und auch vor allem anfangs wieder recht steilen Abstieg machte. Ein Highlight kurz hinter der Almhütte war ein Trupp Tannenhäher, die durch viel Lärm auf sich aufmerksam machten. Solche Vögel habe ich bisher noch nie in natura gesehen. Ich passierte später den Ort Pepaj, der mir gar nicht gefiel, weit verstreut und viele Neubauten. Es ging weiter bergab, wieder ein Stück durch den Wald, bis ich endlich das (schönere) Dorf Drelaj erreichte, mein heutiges Etappenziel.
Und dort traf ich endlich wieder mit Jens und Ilona zusammen, die hier schon auf mich warteten. Jens war inzwischen wieder komplett genesen und fit, mit einem Taxi waren sie von Valbona hierher gebracht worden. Nun waren wir also wieder zu dritt, was auch irgendwie schön war nach den letzten 3 Tagen allein. Es gab einiges zu erzählen, nachdem ich geduscht hatte und wir im Garten der schönen Unterkunft entspannen konnten, bis es um 19:00 Uhr Abendessen gab. Der Abend wurde danach auch noch ganz nett und interessant, als der Opa des Hauses sich zu uns gesellte und uns einiges über seine Zeit als Oberst im Kosovo-Krieg 1998/99 erzählte, eine Zeit, über die er sogar ein Buch herausgebracht hatte. Immerhin 50 % aller Häuser sollen nach diesem Krieg zerstört gewesen sein, so auch unsere Unterkunft. Nach diesen teilweise bedrückenden Schilderungen holte er noch zwei traditionelle Instrumente herbei, eine Flöte und eine Lahuta (oder Gusle, wie sie im serbischen Sprachraum auch genannt wird). Damit unterhielt er uns und ließ uns auch mal selbst probieren, ob wir ihnen ein paar Töne entlocken konnten, was aber gar nicht so einfach war… Schließlich wurde es draußen kühler und wir zogen uns langsam (als heute Nacht einzige Gäste des Hauses) auf unsere Zimmer zurück. Dort ging es ab ins Bett bis zum „bösen Erwachen“ …
🥾: 12,1 km
Mittwoch, 26.07.2023: Ruhetag
Um 4:30 Uhr wachte ich das erste Mal auf und musste dringend zur Toilette. Nun hatte mich der Durchfall also doch noch erwischt! Vielleicht bahnte sich da gestern auch schon etwas an und ich war deshalb nicht ganz so fit wie gewöhnlich. Ich hatte ja gehofft, dass ich vom Durchfall verschont bleiben würde, aber dem war halt leider nicht so. Stündlich ging das weiter mit meinen Toilettengängen, zum Frühstück bekam ich keinen Bissen runter, an Wandern war heute nicht zu denken – schade! Dabei sollten heute doch ein paar besonders schöne Bergseen auf dem Programm stehen. Zum Glück konnte ich telefonisch mit Ricardo, meinem Ansprechpartner bei Zbulo, klären, dass ich für 20 Euro mit dem Gepäcktransfer nach Babino Polje, unserem heutigen Etappenziel, mitfahren konnte. Darüber war ich echt froh! Als das Auto kam, beluden wir es mit unserem Gepäck, fuhren zuerst zum Startpunkt der heutigen Etappe, setzten Jens und Ilona dort ab, und für mich folgte dann eine dreistündige Autofahrt im großen Bogen über Peje, Berane und Plav bis nach Babino Polje. Als wir dort um 12:50 Uhr ankamen, war leider niemand vor Ort, tatsächlich musste ich über 2 ½ Stunden warten, bis endlich 2 lustlose Typen aufkreuzten, die mir (und 2 anderen Parteien, die inzwischen schon eingetroffen waren) die Hütten zuwiesen. Auf dem Foto sah die Anlage im Wald mit vielen kleinen Hütten ganz nett aus, in echt war das ganze aber eine ziemliche Baustelle, überall lagen Bretter, Planen und Müll herum, und richtig sauber war es auch nicht. In unserer Hütte z.B. fanden wir alte Socken, ein Tempo-Taschentuch, und die Bettwäsche wurde hier sicher auch nicht nach jedem Gast gewechselt und gewaschen. Dazu war unsere 4-Personen-Hütte auch noch winzig, bot quasi keinen weiteren Platz außer für 2 Doppelstockbetten, wobei das untere auch noch direkt auf dem Boden stand, bequem darauf hinsetzen konnte man sich nicht. Dies war mit Abstand die schlechteste Unterkunft auf der gesamten Tour. Nachdem dann später auch noch Nieselregen einsetzte, war meine Stimmung im Keller. Das Abendessen hat es dann wieder ein wenig herausgerissen, das war überraschenderweise gar nicht so schlecht, auch wenn ich leider außer Suppe, Kartoffeln und einigen Nudeln mit Soße kaum etwas herunter bekam. Immerhin hatte der Durchfall nach 1 Tablette Immodium aufgehört, die ich sicherheitshalber vor der Autofahrt eingenommen hatte, und ist auch im weiteren Tagesverlauf nicht zurückgekommen. Trotzdem grummelte mein Magen ständig, was sehr unangenehm war. Nach dem Abendessen ging es nochmal auf das winzige Dusch-WC, das maximal die Größe des Bades in einem Wohnmobil hatte, ehe wir uns in die Betten verkrochen und einschliefen, während der Regen auf das Dach unserer Hütte trommelte.
Donnerstag, 27.07.2023: Rundwanderung im Grbaja-Tal
Geschlafen habe ich zum Glück ganz gut, ich musste auch nachts nicht zur Toilette und bin erst gegen 6:30 Uhr aufgewacht. Zum Frühstück konnte ich immerhin Milchkaffee, Marmeladenweißbrote und eine Bockwurst vertilgen, ehe wir diese doch arg zwiespältig einzuschätzende Unterkunft verließen und vom Wirt unserer kommenden Unterkunft in das Grbaja-Tal gebracht wurden, wo unsere heutige Wanderung starten sollte. Die Lollipop-Runde aus dem Tal hinauf auf die Berggipfel Popadija und Talijanka ist zwar kein Teil des offiziellen Peaks of the Balkans-Trails, gilt aber doch als eine der spektakulärsten Wanderungen in Montenegro und wurde deshalb von Zbulo in das Routing integriert. Und es sollte sich auch wirklich gelohnt haben! Als wir gegen 9:20 Uhr an der Rangerstation im Grbaja-Tal ankamen, fühlte ich mich einigermaßen gut und beschloss daher, die Wanderung mitzumachen, da es keine Streckenwanderung war, hätte ich ja jederzeit wieder umkehren können. Tatsächlich habe ich die Tour mit fast 1000 Höhenmetern ganz gut durchgestanden, war aber doch noch geschwächt und dadurch deutlich langsamer als meine 2 Mitwanderer. Ich musste leider auch immer wieder mit Bauchkneifen kämpfen, was nicht so schön war. Nachdem man den Wald, durch den man zuerst anstieg, einmal hinter sich gelassen hatte, boten sich zunehmend bessere, spektakuläre und lohnenswerte Blicke zu allen Seiten. Am Gipfelgrat konnte ich sogar einen Geocache finden! Zu Beginn unserer Tour hingen die Wolken noch tief, die Berggipfel waren versteckt, es klarte aber immer mehr auf und nachmittags herrschte strahlender Sonnenschein bei blauem Himmel. Herrlich war das, zumal die Temperaturen endlich um ca. 8-10 Grad Celsius in angenehmere Bereiche gefallen waren. Gegen 15:30 Uhr waren wir zurück am Ausgangspunkt, ca. 20 Minuten später wurden wir dort von unserem Wirt abgeholt und nach weiteren 20 Minuten Fahrt erreichten wir unsere Unterkunft in Vusanje. Auch hier wurden wir in Hütten untergebracht, aber was für ein Unterschied zur letzten Unterkunft: die Hütten waren sauber, geräumig und gepflegt, die Anlage mit Blumenschmuck verschönert – kein Vergleich zu Babino Polje, hier ließ es sich aushalten! Wir richteten uns ein, genossen den Nachmittag auf der Terrasse vor unserer Hütte mit tollem Blick ins Tal und zu den Bergen und trafen alle anderen Gäste schließlich um 19:00 Uhr zum Abendessen, das heute zum ersten Mal unter freiem Himmel serviert wurde. Und auch heute wieder war das sehr, sehr lecker, auch ich aß wieder eine ordentliche Portion mit gutem Appetit. Wir saßen noch eine ganze Weile beisammen, erzählten mit den anderen Gästen, bis es uns allen aber irgendwann zu kalt wurde. Also ging es zurück in unsere Hütte, wo wir diesen erfolgreichen Tag gemütlich zu Ende brachten.
🥾: 11,4 km
Freitag, 28.07.2023: Vusanje – Theth
Der Tag fing schon so schön an: ein bisschen Alpenglühen um 5:30 Uhr, als ich mal eben zum WC musste. Da lohnte sich das frühe Aufstehen. Auch das (leckere) Frühstück später gab es wieder im Freien, erst war es noch recht frisch, wurde aber warm, sobald die Sonne über die Berge kam. Pünktlich um 8:00 Uhr brachen wir auf. Das Gepäck wurde mit einem Auto ca. 6 km in die Berge transportiert, wo es dann auf Pferde umgeladen werden sollte, die es über den Pass nach Theth, unserem Etappenziel bringen würden. Da der Wanderweg bis zum Umladepunkt auf derselben Schotterpiste entlang lief, auf der auch das Auto fuhr, und da die heutige Etappe insgesamt recht lang war, gab uns unser Wirt den Rat, einfach mit ihm mit dem Gepäcktransport mitzufahren. Diesem Ratschlag folgten wir gerne. Zwar war die Gegend, durch die wir mit dem Auto fuhren, landschaftlich sehr schön, aber der restliche Tag sollte sich noch als lang genug erweisen. Nach 6 km Fahrt wurden wir an einem ausgetrockneten See „ausgesetzt“, das Gepäck wurde ausgeladen. In der Ferne sah man schon die 2 Pferde mit ihren Führern sich nähern, die unser Gepäck weiter transportieren würden. Wir machten uns aber rasch auf den Weg, dieser führte uns in Etappen langsam und angenehm nach oben, nie zu steil, zwischendurch gab es zur Abwechslung auch immer mal wieder flache Abschnitte auf schönen Hochalmen. Das Wetter war herrlich, wenn auch heute fast schon wieder ein bisschen zu warm. Die Grenze von Montenegro nach Albanien war bald erreicht, kontrolliert wurden wir auf unseren ganzen Grenzübertritten nie, die notwendigen Permits hätten wir aber stets dabei gehabt. Auf albanischen Gebiet trafen wir dann auf einige der kleinen 1-Mann-Bunker aus der Zeit der kommunistischen Diktatur unter Enver Hodscha, etwas gruselige Relikte einer noch gar nicht so lang zurückliegenden, schlimmen Zeit. Nach einem kleinen See in einer Senke, an dem sich Schafe zum Trinken versammelt hatten, erreichten wir den Peja-Pass, von wo aus sich ein grandioser Tiefblick ins Tal von Theth eröffnete. Hier oben war es recht windig, so dass wir noch ein paar Meter abstiegen und dort an einem windgeschützten Platz unsere Mittags-Picknickpause einlegten. Während wir unsere Brote vertilgten, wurden wir von den Pferden mit unserem Gepäck überholt, das dürfte also in der Unterkunft sein, wenn wir dort ankommen! Es folgte jetzt der technisch anspruchsvollste Teil der heutigen Tour, der über 1000 Meter tiefe Abstieg ins Tal von Theth. Immer im Zickzack verlief der Weg am Berghang entlang, dazu noch fast ausschließlich in der Sonne, im Rückblick war man erstaunt, wo man da in der steilen Bergwand tatsächlich entlang gelaufen war. Schließlich war aber der „schlimmste“ Teil des Abstiegs geschafft und das günstig am Weg gelegene Café „Kroni“ lud ein zu gekühlten Getränken – da sagten wir nicht nein. Es folgten ab hier noch fast 6 weitere Kilometer, auch die verliefen leider wieder überwiegend in der Sonne, auf blankem Schotter, die Hitze und meine immer noch lädierte gesundheitliche Verfassung schlauchten mich arg. So war ich extrem froh, als wir endlich um kurz vor 16:00 Uhr unsere Unterkunft im ziemlich touristisch wirkenden Städtchen Theth erreichten. Der Ort war toll gelegen, schien aber mittlerweile fast ausschließlich aus Guest Houses zu bestehen. Wenn man sich Videos anschaut, die z.T. nur wenige Jahre alt sind, wird man feststellen, dass sich hier im Ort unglaublich viel in den letzten Jahren verändert hat. Das verschlafene Bergdorf von einst existiert eindeutig nicht mehr, spätestens vermutlich, seitdem die Straßenzufahrt nach Theth durchgehend asphaltiert wurde und jetzt problemlos befahrbar ist. Wir wurden nett empfangen im Guest House „Pashko“ und erhielten ein geräumiges 4-Bett-Zimmer unterm Dach. Mir war allerdings mittlerweile wieder so elend, dass ich mich nach dem Duschen erstmal hinlegen und ein wenig schlafen musste. Danach trieb mich mein Magen-Darm-Trakt mehrfach zur Toilette, leider immer erfolglos, das Kneifen hielt an. Auch auf das Abendessen hatte ich gar keinen Appetit, und das, obwohl es Cevapcici mit Tsatsiki gab – schade! Zum Nachtisch wurde Wassermelone serviert, dafür machte ich mich dann doch noch mal auf den Weg vom Zimmer hinab in den Garten und konnte eine recht große Portion davon verdrücken, sogar mit gutem Appetit, worüber ich sehr froh war! Leider hat das danach dann doch wieder Durchfall bei mir ausgelöst, ich wünschte mir so sehr, dass das ganze Drama jetzt doch langsam mal zu Ende ging.
🥾: 17,4 km