Samstag, 29.07.2023: Theth – Nderlysa
TatsĂ€chlich habe ich recht gut geschlafen, mein Bauch hat zwar ein paarmal gezwickt, zum WC musste ich aber nachts zum GlĂŒck nicht mehr. Zum FrĂŒhstĂŒck hatte ich dann auch wieder Hunger, der Bergtee, Tomaten und Marmeladenbrote sind mir ganz gut bekommen. Wir lieĂen es heute gemĂŒtlich angehen, denn die schweren Etappen des Peaks of the Balkan-Trails lagen nun hinter uns. Auf dem Programm stand nur noch eine kleine Tour zum âAuslaufenâ, bei der kein Zeitdruck herrschte. Gegen 8:15 Uhr waren wir fertig und begannen unsere Wanderung. Das GepĂ€ck verblieb wie bisher immer im Hotel, das sollte aber spĂ€ter noch fĂŒr ein wenig Spannung sorgen. FĂŒr die heutige Wegstrecke von 7 km benötigten wir 3 Stunden, da sieht man mal, wieviel Zeit wir uns lieĂen. Zum GlĂŒck ging es ĂŒberwiegend bergab und vor allem anfangs war es auch recht schattig, was meinem noch matten Körper guttat. Wir liefen noch ein ganzes StĂŒck durch den Ort, wo ich fĂŒr 150 Lek einen Blick in den (ziemlich kargen) Blutracheturm war, was durchaus interessant, aber auch ein bisschen bedrĂŒckend war. Solche TĂŒrme wurden frĂŒher dazu errichtet, dass (vermeintliche oder echte) Verbrecher darin fĂŒr bis zu 2 Wochen Schutz und Zuflucht finden konnten. Diese Zeit wurde dann dazu genutzt, das Verbrechen aufzuklĂ€ren oder sonstwie eine Lösung des Problems in der Dorfgemeinschaft zu finden. Danach ging es fĂŒr uns immer am Theth-Bach entlang talwĂ€rts, vorbei an einem alten Gehöft mit CafĂ©, bis ein Weg abzweigte, der einen im Aufstieg zum Gunas-Wasserfall brachte. Der Aufstieg war zwar ganz schön steil, hat sich aber wirklich gelohnt, der Wasserfall war wunderschön. Auf der anderen Seite des Baches ging es wieder hinab auf den Talweg und dort weiter talabwĂ€rts Richtung Nderlysa, jetzt durch den sog. Gunas-Canyon. AnschlieĂend folgte das letzte TeilstĂŒck des Wegs, und das fĂŒhrte nun durch ein breites, steiniges Flussbett, immer in der Sonne, dementsprechend war es ziemlich heiĂ. In Nderylsa sollten wir uns bis spĂ€testens 13:00 Uhr einfinden, da wir dort dann zu unserem Transfer zurĂŒck nach Tirana abgeholt werden wĂŒrden. Ich war schon deutlich ĂŒber 1 Stunde eher da und entspannte mich ein wenig im Schatten in dem CafĂ©, das als Treffpunkt ausgemacht war.
SpĂ€ter trudelten auch Jens und Ilona ein, die sich unterwegs noch etwas mehr Zeit gelassen hatten. Auf einmal hieĂ es dann, wir wĂŒrden schon um 12:00 Uhr abgeholt werden, mir sollte es recht sein, wĂ€ren wir doch dann eher in Tirana. Es kam dann auch ein (öffentlicher?) Kleinbus, mit dem wir losfuhren. Nach einigen Minuten klingelte das Handy des Busfahrers und wir sollten ĂŒber eine extrem schlechte Verbindung per Video unser GepĂ€ck identifizieren, damit das richtige GepĂ€ck zu uns in den Bus gebracht werden wĂŒrde. Das GepĂ€ck war nĂ€mlich in dem CafĂ© in Nderlysa eingetroffen, nachdem wir dort schon abgefahren waren! Mit MĂŒhe und Not gelang die Identifikation und wir hofften, dass auch alles gut gehen wĂŒrde. Die Fahrt ging zunĂ€chst zurĂŒck nach Theth, wo wir noch etwa 1 Stunde vertrödelten, einige Passagiere ein- und ausluden, ehe es endlich weiterging. Am Ortsausgang stoppten wir noch einmal und tatsĂ€chlich wurde jetzt unser (korrektes!) GepĂ€ck aus einem anderen Auto in unseren Bus verladen. Hurra, was fĂŒr eine Logistik! Jedenfalls waren wir jetzt beruhigt. Die StraĂe fĂŒhrte von nun an extrem steil in Serpentinen bergauf, höher noch, als wir gestern auf dem Peja-Pass waren. Die Aussicht zurĂŒck ins Tal von Theth jedenfalls war fantastisch! Die weitere Fahrt verlief dann weniger spektakulĂ€r, zwischendurch legten wir noch einmal eine kurze Rast an einem Rasthof ein und gegen 15:30 Uhr erreichten wir schlieĂlich wieder unser ehemaliges Hotel „Tradita“ in Shkodra. Dort hatten wir 30 Minuten Pause, ehe wir unseren Anschlusstransfer nach Tirana besteigen konnten. Diesmal war es ein (klimatisierter!) Kleinbus, den wir uns zusammen mit 2 Amerikanern teilten, die wir in den letzten Tagen schon öfter getroffen hatten. Die Fahrt dauerte jetzt noch einmal 2:20 Stunden, bis wir schlieĂlich unser Hotel in Tirana erreichten. Landschaftlich war die Strecke eher öde, nur der StraĂenrand bot ganz Interessantes: jede Menge MelonenverkĂ€ufer, VerkĂ€ufer selbstgebrannter CDs oder lebender Kaninchen, zahlreiche Event Locations, die wie aus einem kitschigen Disneyfilm aussahen u.a.m. Das Hotel „Vila Tafaj“ war ganz okay, wenn auch nichts Dolles, aber praktisch nah an der Innenstadt gelegen. Leider war das WLAN ziemlich mies. Nach dem Duschen aĂ ich mit Jens und Ilona schrĂ€g gegenĂŒber vom Hotel in einem Grilllokal zu Abend, es war quasi unser Abschiedsessen, denn am nĂ€chsten Tag wĂŒrden die beiden fĂŒr ein paar abschlieĂende Strandtage noch ans Meer fahren. FĂŒr mich gab es eine Grillplatte, die war fĂŒr 10 Euro so riesig, dass ich allenfalls die HĂ€lfte schaffte. Ich wollte meinem Magen, der gerade auf dem Weg der Erholung war, aber auch nicht allzu viel zumuten. Nach einer abschlieĂenden, kleinen abendlichen Runde ĂŒber den Skanderbeg-Platz, den groĂen Hauptplatz von Tirana, ging’s wieder zurĂŒck ins Hotel und dort dann auch zu Bett.
đ„Ÿ: 7,1 km
Sonntag, 30.07.2023: Tirana
Mein letzter Tag in Albanien brach an. Ich habe einigermaĂen gut geschlafen, keinen Durchfall gehabt, allerdings war es trotz geöffnetem Fenster in meinem Zimmer extrem warm, erst in den frĂŒhen Morgenstunden sanken die Temperaturen auf einigermaĂen ertrĂ€gliche Werte ab. Das FrĂŒhstĂŒck im Hotel war in Ordnung, auch wenn ich keinen groĂen Hunger hatte, denn nach der ruhigen Nacht fing der Durchfall am Morgen schon wieder an. Um 10:00 Uhr begab ich mich an die Oper auf dem Skanderbeg-Platz, wo tĂ€glich kostenlose StadtfĂŒhrungen von Freiwilligen angeboten werden, daran wollte ich gerne teilnehmen. Vor Ort war ich ĂŒberrascht, da standen sicherlich 100 Menschen â Wahnsinn! Wir wurden dann aber auf mehrere Gruppen verteilt, meine war mit ca. 20 Personen die kleinste, da habe ich GlĂŒck gehabt. Die FĂŒhrung dauerte 2:15 Stunden, fĂŒhrte durch die gesamte Innenstadt, so dass ich mir einen guten, ersten Ăberblick verschaffen konnte, und war wirklich amĂŒsant, locker und informativ. Clint, so hieĂ unser Guide, sprach ziemlich schnell, aber ein recht gutes Englisch und war daher doch gut zu verstehen. Er erzĂ€hlte einiges Historisches, aber auch viele Anekdoten, was die Sache sehr auflockerte. Sein Trinkgeld am Ende der Tour hatte er sich redlich verdient. Um 12:30 Uhr ging ich dann noch einmal zum Hotel zurĂŒck, um mich von Jens und Ilona zu verabschieden, bevor sie zu ihrem Strandhotel abgeholt werden wĂŒrden. Im CafĂ© LĂ© Bon gab es fĂŒr uns noch eine Kleinigkeit zum Mittagessen, danach kauften wir in einem Sparmarkt in der NĂ€he ein, fĂŒr mich gab es u.a. ein Glas Honig als Mitbringsel fĂŒr zuhause. Nachdem wir uns getrennt hatten, lief ich in Ruhe allein mit leichten Abwandlungen noch einmal die Tour vom Vormittag nach, besuchte jetzt aber auch diejenigen Kirchen und Moscheen, fĂŒr die auf der gefĂŒhrten Tour keine Zeit war. Ich startete am Skanderbeg-Platz mit der Oper, dem Nationalmuseum, dem Denkmal des Nationalhelden Skanderbeg und der von innen fantastisch ausgeschmĂŒckten Ethem Bey-Moschee. Weiter ging es zum Neuen Basar etwas auĂerhalb, der aber an diesem Sonntag eher verwaist aussah, nur wenige, eher touristische StĂ€nde waren dort aufgebaut, vieles stand leer, das enttĂ€uschte mich doch etwas. Ich denke mal, dass da unter der Woche einiges mehr los ist. Danach spazierte ich am Uhrturm und am Museum Bunk’art 2 vorbei in Richtung der Ăberbleibsel der ehemaligen Burg. Dort gab es jede Menge CafĂ©s, wobei ich die Lokale innerhalb der Schlossmauern doch auch wieder sehr touristisch und nicht so einladend fand. Ăberteuert schienen mir die Preise hier auĂerdem noch. Ganz interessant war die groĂe, wiederaufgebaute katholische Kirche der Stadt mit dem Denkmal der Mutter Teresa davor, und auch auf einem Glasfenster im Inneren fand man sie wieder. Nur das Tor der Kirche war noch original erhalten. Eine Marienstatue mit abgehackten HĂ€nden im Inneren des Gotteshauses erinnerte an die GrĂ€uel der Hodscha-Dikatatur, die jegliche Religion ausmerzen wollte und deshalb christliche Symbole so âmisshandelteâ. SchrĂ€g gegenĂŒber der Kirche am anderen Flussufer stand ein modernes Hochhaus, dessen hervorstehende Erker die Silhouette des Staates Albanien bildeten. Auf den obersten Erkern waren sogar BĂ€ume gepflanzt als Hinweis auf den waldreihen Norden, eine ganz witzige, architektonische Idee, wie ich fand. Ăberhaupt gab es in Tirana viele und z.T. durchaus spektakulĂ€re Neubauten, das höchste davon war das noch im Bau befindliche GebĂ€ude âEdge of Tiranaâ. Weiter ging es zur ehemals als GedenkstĂ€tte fĂŒr Enver Hodscha gedachten Pyramide, die wurde jetzt gerade umgestaltet, wirkte durch bunte Bemalungen freundlicher und bot von oben schöne Ausblicke ĂŒber die Stadt und auf die Berge im Hinterland. Vorbei an 3 Einmannbunkern (die stehen angeblich immer in 3er-Gruppen zur gegenseitigen Ăberwachung der Soldaten) ging es ins Viertel Blokku, das ehemalige Regierungsviertel mit der jetzt leerstehenden Villa von Enver Hodscha. Heute soll das hier das angesagteste Szeneviertel Tiranas sein, frĂŒher war es eine abgeriegelte und verbotene Zone. Auf dem RĂŒckweg warf ich noch einen Blick in die eindrucksvolle, groĂe orthodoxe Kirche, ehe ich gegen 18:00 Uhr wieder auf meinem Zimmer war, der Durchfall trieb mich wieder hierhin. Den Rest des Abends verbrachte ich dann mit Ausruhen, Fotosortieren, Online-Checkin und Packen fĂŒr den RĂŒckflug am nĂ€chsten Tag. Dadurch war es dann tatsĂ€chlich doch schon wieder 23:00 Uhr, als ich das Licht ausmachte.
Montag, 31.07.2023: Tirana und RĂŒckflug
Die Nacht war deutlich angenehmer als die letzte, da ich es gestern geschafft hatte, das Zimmer halbwegs kĂŒhl zu halten. So habe ich gut geschlafen, bin gegen 7:00 Uhr aufgewacht und war erstmal frĂŒhstĂŒcken. Der Durchfall schien nachzulassen, ich hoffte, das wĂŒrde so bleiben. Gegen 8:45 Uhr deponierte mein GepĂ€ck an der Rezeption und machte mich ein letztes Mal auf ins Zentrum. Erst holte ich ein paar letzte Fotos nach, die ich noch machen wollte, und zwar an der Kunstinstalltion âCloudâ, am UnabhĂ€ngigkeitsdenkmal und an der sog. TĂŒrbe, einem Grabmal, fĂŒr das man beim Bau eines Luxushotels extra eine Ecke ausgespart hatte, nachdem man erst bei der Planung die TĂŒrbe ganz ĂŒbersehen hatte, sie aber andererseits auch nicht abreiĂen wollte. Um 9:30 Uhr öffnete Bunk’art 2, das Museum zur Geschichte der albanischen Geheimpolizei Sigurimi, dessen Besichtigung mein letzter Programmpunkt hier in Tirana sein sollte. Etwas ĂŒber 1 Âœ Stunden dauerte der Besuch, wobei ich wegen meiner begrenzten Zeit nicht mehr alle Texte unter den Bildern lesen konnte. Die RĂ€ume des Museums in einem ehemaligen Bunker des Innenministeriums waren sehr eng, dadurch drĂ€ngelten sich die Besucher manchmal schon sehr. Aufgemacht war das Ganze aber nicht schlecht, wenn auch fĂŒr mich als nicht so mit der Materie Bewandertem teilweise ein bisschen sprunghaft von Raum zu Raum. So erschreckend die beschriebenen und angewandten Methoden der hiesigen Geheimpolizei auch waren, so musste man doch leider feststellen, dass sie letztlich ĂŒberall gleich perfide sind, egal, ob nun von der Sigurimi ausgeĂŒbt, der NS oder der Stasi angewandt. Der Besuch hat sich auf jeden Fall sehr gelohnt.
Die letzte halbe Stunde bis zu meinem Flughafentransfer verbrachte ich erneut im CafĂ© LĂ© Bon nahe beim Hotel, wo ich mir einen Iced Macchiato fĂŒr meine letzen 150 Lek gönnte. PĂŒnktlich um 12:00 Uhr holte mich Kristi, unser Fahrer vom ersten Tag unseres Urlaubs, beim Hotel ab. Bei der Fahrt aus der Stadt heraus war ziemlich viel Verkehr, trotzdem kamen wir pĂŒnktlich am Flughafen an. Beim Checkin lief alles glatt, nur die weitere RĂŒckreise gestaltete sich etwas stressig. Abflug war mit 1 Stunde VerspĂ€tung, in Frankfurt musste ich 1 geschlagene Stunde an der Passkontrolle warten, fĂŒr die Bahnfahrt nach Hause musste ich im Terminal des Flughafens noch einmal extra einchecken, der Zug hatte 75 Minuten (!) VerspĂ€tung, es war kalt und regnete in Strömen â kein entspannter Urlaubsausklang, da sehnte ich mich wieder ins sonnige Albanien zurĂŒck! Immerhin lieĂ mich mein Magen-Darm-Trakt in Ruhe. Vom DĂŒsseldorfer Hauptbahnhof aus war es dann per S-Bahn nicht mehr weit bis nach Hause, wo ich um 21:40 Uhr endlich wieder ankam, voller Erlebnisse, aber tatsĂ€chlich um 4,5 kg Körpergewicht leichter!