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Brixen & Bozen

Freitag, 25.09. – Kloster Neustift, Trostburg

Abfahrt von Prags war gegen 9:30 Uhr. Mit unserer Unterkunft der letzten sechs NĂ€chte waren wir insgesamt sehr zufrieden, zwar war sie nicht urig-rustikal im Alpenstil, wie man das klischeehafterweise von einer Fewo in SĂŒdtirol erwarten wĂŒrde, stattdessen war sie eher nĂŒchtern, aber sehr sauber, gerĂ€umig und es war alles da, was man braucht. Auch die Lage war durchaus in Ordnung, ich wĂŒrde sie also durchaus weiterempfehlen. FĂŒr den heutigen Tag war ganztags eine Regenwahrscheinlichkeit von 80 bis 90% in meiner Wetter-App angesagt, deshalb planten wir schon von vorneherein keine Wanderung, sondern stattdessen auch heute wieder ein „Kulturprogramm“. Mein eigentlicher Plan wĂ€re es gewesen, am Tag des Unterkunftswechsels nach Cortina d’Ampezzo und von dort aus die Dolomitenstraße entlang zu fahren, unterwegs am Lagazuoi die in den Fels gehauenen, eindrucksvollen Weltkriegstunnel zu erkunden, daraus wurde nun aber leider nichts. Stattdessen verließen wir das Pustertal wieder talauswĂ€rts auf dem uns schon bekannten Weg bis Franzensfeste und besuchten als erstes das Kloster Neustift. Kurz vorher haben wir noch fĂŒr 1,49 € getankt, teurer als in Deutschland, aber fĂŒr italienische VerhĂ€ltnisse noch okay, wie ich finde. Wie bei uns, so unterschieden sich die Benzinpreise an den Tankstellen auch hier zum Teil ganz schön, aber immerhin Ă€nderten sie sich nicht im Stundentakt! Im Kloster Neustift hatten wir ursprĂŒnglich vorgehabt, an einer FĂŒhrung teilzunehmen, da ich dachte, dass Besuche nur so möglich sind. Bei unserer Ankunft um 10:30 Uhr waren aber offensichtlich schon alle FĂŒhrungen in deutscher Sprache fĂŒr den heutigen Tag ausgebucht – komisch… Wir konnten das Kloster allerdings dennoch auch so besichtigen, dazu gab es kostenlos eine kleine, aber durchaus informative BroschĂŒre, die interessante Infos zu einigen Highlights der Kirche und des angeschlossenen Museums lieferte. Besonders die ĂŒppig ausgestattete Barockkirche und eine schöne Bibliothek beeindruckten uns, letztere erinnerte mich an die Ă€hnliche in St. Gallen, wenn sie hier auch nicht ganz so spektakulĂ€r war. Außerdem konnten wir viele GemĂ€lde im Stiftsmuseum bestaunen, dazu noch einen schönen Kreuzgang. Das AußengelĂ€nde war sehr weitlĂ€ufig mit einer Schule, einem Klostergarten, einem Restaurant, einem Verkaufsladen usw. Den Garten haben wir allerdings nicht besucht, da dieser nochmal extra Eintritt kostete, was ich dann doch etwas ĂŒbertrieben fand, zumal das Wetter gerade nicht das beste war. Die Lage des Klosters war sehr hĂŒbsch, mitten in den Weinbergen, das angeschlossene Weingut des Klosters hat wohl auch einen ganz guten Ruf.

Dann fuhren wir weiter an Brixen vorbei bis zur Trostburg. In Brixen herrschte extrem viel Verkehr, es war aber auch gerade rush hour vorm Wochenende. Der Regen hatte inzwischen zugenommen, es schĂŒttete unterwegs wie aus Eimern, hörte zum GlĂŒck aber weitgehend auf, als wir an der Trostburg ankamen. Hinauf zu dieser fĂŒhrten zwei Wege aus dem Ort, eine nicht fĂŒr den öffentlichen Verkehr freigegebene, asphaltierte Straße und der originale, alte Zuweg, steil und ĂŒber Kopfsteinpflaster. Über diesen stiegen wir nach oben und nahmen in der Burg an einer FĂŒhrung um 14 Uhr teil. (Hier war die Besichtigung auch tatsĂ€chlich nur im Rahmen einer FĂŒhrung möglich! Die Gruppe war diesmal kleiner als auf der Burg Taufers, daher gab’s die FĂŒhrung zweisprachig, auf deutsch und auf italienisch.) Das Ganze war sehr nett gemacht von einer Ă€lteren Dame, die auf der Burg aufgewachsen ist und noch die Zeit vor 50 Jahren hier miterlebt hatte. Sie konnte daher vieles berichten aus einer Zeit, als SĂŒdtirol noch eine ganz andere Welt gewesen sein muss, Dinge z. B. mit Ochsenkarren hinauf auf die Burg gebracht werden mussten oder die Bauern nur alle paar Monate mal ins Tal hinabstiegen, um sich mit VorrĂ€ten einzudecken, ganz zu schweigen von Dingen wie Telefon, Zentralheizung usw. In der Burg bestaunten wir vor allem einige schöne Holzdecken, teils sehr alt, teils aber auch neuer aus der Renaissance, denn die Burg wurde immer wieder erweitert bzw. ausgebaut. Das Mobiliar war Ă€hnlich unterschiedlich, stammte auch aus vielen Epochen. Alles war hier aber recht wohnlich. Bis 1967, bis zum Verkauf an das SĂŒdtiroler Burgeninstitut, wohnte auch die Familie Wolkenstein noch hier, aus der der bekannte MinnesĂ€nger Oswald von Wolkenstein stammt. Tolle Ausblicke boten sich von den Zimmern bzw. der Terrasse hinab ins Eisacktal, der eindrucksvolle Wasserfall am gegenĂŒberliegenden Hang bei Barbian war nach Aussage unserer FĂŒhrerin infolge der RegenfĂ€lle der letzten Tag massiv angeschwollen.

Wir beendeten den Tag mit einer jetzt nur noch kurzen Weiterfahrt bis nach Kastelruth, wo wir knapp 15 Minuten spĂ€ter ankamen. Bevor wir unsere Fewo aufsuchten, stockten wir noch unsere VorrĂ€te durch einen Einkauf bei Coop im Ort auf, dann ging es zum Hof Niglutsch, wo wir unsere zweite Unterkunft bezogen. Diese Wohnung war genauso gerĂ€umig wie die erste, genauso sauber, aber sogar noch etwas gĂŒnstiger und ein bisschen rustikaler, diesmal mehr im „landestypischen“ Alpenstil eingerichtet, gefiel uns daher noch besser, zumal sie zwei Balkone und einen herrlichen Blick ĂŒber Kastelruth hatte. Leider funktionierte am ersten Abend die Heizung im Bad noch nicht richtig, das war aber bis zum nĂ€chsten Tag behoben. Abends machten wir uns Kartoffeln mit KrĂ€uterquark und Thunfisch aus der Dose, lecker und schnell zubereitet. Nach Fernsehen, Tagebuchschreiben und einem Anruf zu Hause ging’s ab ins Bett.

86 km

Sonntag, 27.09. – Brixen

Im Anschluss an die an diesem Tag unternommene Wanderung auf dem Adolf-Munkel-Weg hatten wir noch Zeit und beschlossen, noch einen kleinen Stadtbummel in Brixen dranzuhĂ€ngen, zumal inzwischen wieder die Sonne von einem blauen Himmel schien. Bezogen auf die Wanderung war es natĂŒrlich Ă€rgerlich, dass sich die Sonne erst am Ende der Tour wieder zeigte, aber fĂŒr den Stadtbummel war das natĂŒrlich schön! In anderthalb Stunden besuchten wir den Dom mit seinem Kreuzgang und den eindrucksvollen Fresken, die Altstadt und die Lauben. Zwar war allgemein hier nicht viel Betrieb, da ja Sonntag war und alle GeschĂ€fte geschlossen, dennoch konnte man einen ersten Eindruck von der schönen Stadt in herrlicher Lage bekommen. Zum Abendbrot beschrĂ€nkten wir uns heute auf Brot mit Wurst und KĂ€se, ganz rustikal.

89 km

Montag, 28.09. – Bozen, Ritten

Auch heute war der Wetterbericht wieder durchwachsen. Meist sollte es bewölkt sein, kaum Sonne, aber auch eher kein Regen. Diesmal stimmte das auch tatsĂ€chlich. Nach zwei Wandertagen entschlossen wir uns daher, den ursprĂŒnglich schon fĂŒr Samstag geplanten Stadtbummel in Bozen zu machen. Weil kostenlose Fahrten im ÖPNV in ganz SĂŒdtirol im Preis fĂŒr unsere Fewo (wie auch in vielen anderen Ferienwohnungen) enthalten waren (sehr löblich!) und die Fahrt mit dem Bus von Kastelruth nach Bozen nur 50 Minuten ohne Umsteigen dauerte, entschieden wir uns natĂŒrlich gegen das Auto und nahmen den Bus, ganz abgesehen davon, dass wir so die Parkplatzsuche und die teuren ParkgebĂŒhren in Bozen sparen konnten. Abfahrt am Busbahnhof Kastelruth war um 10 Uhr, Ankunft in Bozen um 10:50 Uhr. Es ging von Kastelruth ĂŒber Seis am Schlern nach Völs zunĂ€chst noch kurvig auf dem Hochplateau entlang, ehe die steile Abfahrt ins Eisacktal hinab folgte. Danach schlossen sich ein paar eher unschöne Vororte von Bozen an, bis wir schließlich am Bahnhof ankamen. FĂŒr unseren Stadtrundgang orientierten wir uns an dem im Dumont-ReisefĂŒhrer beschriebenen. Wir starteten am Denkmal des Walther von der Vogelweide am gleichnamigen Platz, kamen danach zum schönen Waaghaus und trafen anschließend auf die Haupteinkaufsstraße der Stadt, die Lauben mit z.T. recht schicken GeschĂ€ften. Im Gegensatz zu deutschen FußgĂ€ngerzonen gab es hier ĂŒbrigens so gut wie keine Ketten, die meisten LĂ€den waren recht individuell. Anders als in Brixen gestern herrschte hier und heute an einem Wochentag natĂŒrlich auch viel mehr Betrieb. Sehr schön war auch die Bindergasse, die ehemalige Nord-SĂŒd-Handelsstraße durch SĂŒdtirol, in der viele ehemalige oder noch im Betrieb befindliche GasthĂ€user stehen. ZurĂŒck ging es noch einmal durch die Lauben zum Obstmarkt, der war richtig was fĂŒr Auge. An einem Wurststand an der Goethestraße aßen wir auf die Faust Meraner Wurst und KĂ€sekrainer, ebenfalls eine Empfehlung aus dem ReisefĂŒhrer und wirklich lecker. Weiter ging es zum Dominikanerkloster mit tollen, leider teilweise nicht mehr so ganz gut erhaltenen Fresken in der Johanneskapelle. Schließlich verließen wir die Altstadt und gelangten ans Ufer der Eisack, folgten dieser bis zur MĂŒndung der Taufer und gingen dann die Taufer entlang bis zum Siegesdenkmal. Schöne Promenaden fĂŒr FußgĂ€nger und Radfahrer hatte die Stadt hier angelegt. Das Siegesdenkmal ist ein ziemlich umstrittenes Monument aus der Zeit des Faschismus, man hat sich aber dazu entschlossen, es nicht abzureißen, sondern mit entsprechenden ErklĂ€rungen zu versehen, so dass es eher als so eine Art Mahnmal fungieren soll. ZurĂŒck in die Innenstadt fĂŒhrte uns der Weg noch einmal in die Goethestraße und dort ins „CafĂ© Monika“ zu leckerem Kaffee und Kuchen.

Da wir nach unserem Stadtbummel noch Zeit hatten und die Sonne sich immer mehr zeigte, entschlossen wir uns, mit der Seilbahn noch auf den Ritten zu fahren. Die Fahrt dauerte circa 15 Minuten und selbst diese Kabinenbahn war in unserem ÖPNV-Pass kostenlos enthalten! Auf dem Ritten, einer Hochebene und Sommerfrische oberhalb von Bozen, drehten wir in knapp zwei Stunden eine Runde zu den Erdpyramiden, tollen und faszinierenden Felsformationen, entstanden durch Erosion weichen Gesteins unterhalb von hartem. Mit der Seilbahn ging es danach wieder hinab ins Tal und um 17:42 Uhr nahmen wir den Bus zurĂŒck nach Kastelruth. Dort kauften wir noch Brot ein und gegen 18:50 Uhr waren wir wieder in unserer Fewo. Bozen hat mir insgesamt recht gut gefallen, viel alte und z.T. edle Bausubstanz, auch die Abwesenheit der ĂŒblichen Ladenketten fiel positiv auf. Allerdings begegnete man hier auch ziemlich viel typischem „Großstadtpublikum“, ganz anderen Menschen, als man sie hier in SĂŒdtirol in den Dörfern findet. Dazu trafen wir in der Stadt auch noch auf viele, v.a. deutsche Touristen gesetzteren Alters, fĂŒr die scheint die Region um Bozen, Meran und Kaltern herum wohl ein bevorzugtes Reiseziel zu sein.

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