Samstag, 16.11.2013: Fatehpur Sikri
In Fatehpur Sikri aßen wir erst noch gegen 14:45 Uhr zu Mittag und besuchten danach das Fort. Dazu fuhren wir auf einen Parkplatz, stiegen um in einen lokalen Bus und fuhren mit diesem hinauf auf die Festung – zu Fuß wären wir fast genauso schnell gewesen! Da es schon recht spät war (nach 16 Uhr) ging die Sonne langsam unter, es waren nicht mehr allzu viele Menschen vor Ort, daher konnte die weitläufige, teilweise prunkvolle, z.T. aber auch durchaus schlicht gehaltene Anlage einen besonderen Reiz entfalten, als der Sandstein in der Abendsonne glühte. Besonders gut gefielen mir zum einen die private Audienzhalle mit einer eindrucksvollen, zentralen Säule, zum Anderen das „Haus der türkischen Sultana“ mit sehr feinen Steingravuren, aber auch andere Teile des Palastes waren durchweg sehenswert. Zum Besuch der Moschee reichte uns die Zeit dann aber leider nicht mehr, wir hatten nur noch Zeit für eine Blick auf deren monumentales Siegestor, ehe wir den Ort verließen und zum Hotel in Agra fuhren. Was eigentlich nur ca. 1 Stunde dauern sollte, dehnte sich letztlich auf über 2 Stunden aus, bei denen wir indischen Alltag live erlebten, denn auf einer Kreuzung hatte sich ein Stau entwickelt, in dem wir über 1 Stunde eingekeilt waren. Ich weiß gar nicht mehr, wie wir da rauskamen, aber irgendwie hat es geklappt, obwohl die Inder völlig rücksichtslos in jede sich bietende Lücke fuhren, rechts oder auch links vorbei, dass sich da alles verkeilte und zum Schluss fast gar nichts mehr ging war kein Wunder! Schließlich versuchten ein paar selbsternannte „Hilfssheriffs“, den Verkehr zu regeln bzw. zu ordnen, das klappte dann sogar wieder ganz gut. Erstaunlich für uns auch, welch gute Laune die Inder dabei alle noch hatten trotz Chaos, Dunkelheit, Gestank und Staub, der einem zunehmend in alle Ritzen und Poren kroch. Manchmal frage ich mich, wie man in diesem Staub und Dreck dauerhaft leben kann, dazu gehört wirklich eine ganz andere Mentalität und vielleicht auch ein gewisser, hinduistischer Fatalismus. Um 20:30 Uhr schließlich erreichten wir doch noch das Hotel, um 21 Uhr aßen wir auf dessen Dachterrasse zu Abend, es gab für mich Kartoffel-Spinat-Bällchen-Kebab für Rs 450 und erst nach Mitternacht machte ich heute das Licht aus.
Sonntag, 17.11.2013: Agra
Da die Fahrradtour zum Taj Mahal, die eigentlich für heute früh geplant war, von Ankit als nicht wirklich lohnenswert beschrieben wurde, da sie nur durch die Stadt führte (und das bei dem hiesigen Verkehr!), verzichteten wir darauf und fuhren stattdessen nach dem Auschecken aus dem Hotel um 9 Uhr in wenigen Minuten mit dem Bus zum Taj Mahal. Dort angekommen hielt sich der Betrieb noch in Grenzen, so kamen wir rasch durch die Sicherheitskontrollen und hatten durch die wegen der ausgefallenen Radtour gesparten Zeit mehr Muße für die Besichtigung, was sehr angenehm war, zum ersten Mal konnten wir uns auf dieser Reise nach den einweisenden Worten von Ankit zur Baugeschichte über eine Stunde lang frei auf dem Gelände bewegen. Tatsächlich ist das Bauwerk als Grabmal zwar riesig (78 m hoch) und überdimensioniert, aber gleichzeitig auch so harmonisch, elegant, fast grazil und sehr geschmackvoll und bietet deshalb, trotz der Scharen von Touristen, die sich im Laufe der Zeit hier einfanden, einen unglaublich tollen Eindruck. Bereits der erste Blick durch das dunkle Innere des ebenfalls prächtigen Torgebäudes beeindruckt, mehr noch die Größe und Harmonie der Anlage, wenn man direkt auf der erhöhten Plattform steht, die das Gebäude umgibt. Die Kamera surrte, man konnte ein Foto nach dem anderen knipsen. Der einzige Wermutstropfen war die Lautstärke im Inneren, wo die Sarkophage des Erbauers Shah Jahan und seiner Gattin Mumtaz Mahal standen, hier erreichten die Touristenmengen einen negativen Höhepunkt insofern, als dass es hier überhaupt nicht andachtsvoll still, sondern vielmehr sehr laut und eng war, der Lärm hallte besonders stark in dem Gebäude, und an das Fotografierverbot hielt sich auch niemand, es blitze in einer Tour, dass die Aufsichtspersonen mal einschritten kam quasi nicht vor, schließlich war ich fast froh, wieder draußen zu sein, wenn auch die marmornen Särge mit Einlegearbeiten in sog. Piedra-Dura-Technik und das geschnitzte Gitter, hinter dem sie standen (ebenfalls aus weißem Marmor aus Rajasthan), wirklich sehr kunstvoll waren, wie auch andere Arbeiten in derselben Technik an der Außenseite des Gebäudes. Leider bestand trotz der längeren Aufenthaltsdauer keine Zeit mehr für die Innenbesichtigung der Moschee und des Gästehauses, doch der Anblick dieser beiden Gebäude links und rechts des Taj Mahals und der Blick auf den Yamuna-Fluss rundeten den Besuch stimmungsvoll ab. Nach dem Ende der Besichtigung des Taj Mahals fuhren wir in der Nähe des Hotels noch in eine Piedra-Dura-Werkstatt, um uns dort anzusehen, wie die uralte Technik der Einlegearbeit von Halbedelsteinen in Marmor erfolgt, was sehr interessant war, trotz der anschließenden Verkaufsausstellung, bei der es wirklich schöne Stücke zu erstehen gab, die – sicher nachvollziehbar – nicht ganz billig waren, aber oft sehr geschmackvoll, z.B. Tische und Aufbewahrungskästen. Nach dem Mittagessen in einem Restaurant in der Nähe stand dann noch der Besuch des Roten Forts von Agra auf dem Programm. Dem Reiseführer nach habe ich es kleiner als Fatehpur Sikri erwartet, das war aber bei weitem nicht so, auch hier folgte ein Hof auf den nächsten in einer endlosen Aneinanderreihung, wobei allerdings gerade mal 25 % des Forts für die Öffentlichkeit zugänglich waren, die restlichen 75 % wurden militärisch genutzt und können gar nicht besichtigt werden. Interessant war die Aufteilung der älteren Abschnitte aus Sandstein, erbaut vom Herrscher Jahangir, im Gegensatz zu den neueren Abschnitten aus weißem Marmor, errichtet unter Shah Jahan, dem Erbauer des Taj Mahal. Die aus Rotsandstein erbauten Teile ähnelten z.T. denen in Fatehpur Sikri, waren aber doch stärker verziert, nicht so nüchtern oder dezent bearbeitet wie dort. Schön waren auch die Ausblicke, die man immer wieder zum Taj Mahal von der Terrasse oder aus den Räumen des Forts hatte, diesen Ausblick hatte später ja auch Shah Jahan selbst, als er von seinem Sohn bis zu seinem Tode hier eingesperrt wurde. Schließlich endete auch diese eindrucksvolle Besichtigung, es wurde Zeit, nach so viel Kultur der letzten 2 Tage von dieser erst einmal wieder Abschied zu nehmen und so fuhren wir gegen 16 Uhr zum Bahnhof Agra Cantonment, wo um 17:15 Uhr unser Nachtzug in Richtung Zentralindien nach Jabalpur starten sollte, von wo aus es weiter gehen sollte zu den nächsten Nationalparks. Wir verabschiedeten uns von unserem ersten Busfahrer und der Busbegleitung mit etwas Trinkgeld, denn in Japalpur sollten wir einen anderen Bus erhalten. Der Bahnhof hier in Agra war einigermaßen übersichtlich, aber zumindest zwischen den Gleisen doch teilweise sehr verschmutzt und an manchen Stellen auch übelriechend, wenn auch nicht so schlimm, wie befürchtet. Außer ein paar Straßenkindern sah man auch keine Leute, die hier regelrecht „wohnten“, wie ich das zuvor gelesen hatte, aber das heißt nichts, eventuell leben diese Leute auch weiter entfernt an den Gleisen und nicht unmittelbar im Bahnhof. Nachdem unser Zug zunächst für mehr als 19 (!) Stunden verspätet angesagt wurde, was in Indien nicht so ungewöhnlich sein soll, befürchteten wir schon Schlimmeres, irgendwie lief unsere Bahn dann aber doch überpünktlich ein – komisch, die Ansagepolitik der indischen Bahn stimmt also noch weniger als die deutsche… Wir hatten Betten in der 2. Klasse mit Air Condition, die ich durchaus o.k. und ganz angenehm fand. Abgesehen von den Toiletten (na ja, ging gerade noch so, ich habe auch schon Schlimmeres erlebt…) waren die Fahrt über Nacht und die Unterbringung durchaus komfortabel. Nachdem es langsam ruhiger wurde, löschte auch ich gegen 22 Uhr das Licht.