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Etappe 14 – 11

Donnerstag, 16.06.2022: Mudersbach bis Alsdorf (Etappen 14 + 13)

Los ging’s am Fronleichnamstag, der ja hier in NRW zum Glück ein Feiertag ist. Die Anreise sollte wieder gemütlich mit der Bahn erfolgen, wobei ich mir da aber im Vorfeld ein paar Gedanken machte, ob es denn auch wirklich “gemütlich” werden wird. Seit 2 Wochen nämlich gab es ja nun das berühmte “9 Euro-Ticket”, das jedermann erwerben konnte, um damit einen Monat umsonst deutschlandweit alle Nahverkehrsmittel nutzen zu können. Das ist natürlich grundsätzlich eine sehr attraktive Angelegenheit, und dementsprechend viele haben das auch schon in den ersten Junitagen ausprobiert. Natürlich blieb das nicht ohne Folgen, viele Züge waren zum Bersten gefüllt. So etwas wollte ich natürlich nicht erleben. Ich entschloss mich daher, schon morgens um 7:00 Uhr hier aus dem Ruhrgebiet aufzubrechen, um hoffentlich noch einigermaßen angenehm das Siegerland zu erreichen. Zum Glück ging mein Plan auch auf, der Zug war nur mäßig besetzt, trotz einer recht knappen Umsteigezeit von nur 8 Minuten erreichte ich sogar meinen Anschluss in Köln und konnte so meine Wanderung gegen 9:45 Uhr starten. Ausgestiegen bin ich übrigens schon in Brachbach, von dort aus musste ich zwar noch 1 km zum Startpunkt in Muderbach laufen, aber ansonsten hätte ich erst nach Siegen durchfahren, dort nochmal umsteigen müssen, um dann direkt nach Muderbach zurückfahren, in der halben Stunde, die das gedauert hätte, habe ich den 1 km locker zu Fuß zurückgelegt.

Irgendwie war ich vom Startpunkt an der Sieg in Muderbach allerdings etwas enttäuscht. Letztlich stand da nur eine Infotafel mit Karte, sonst nichts, kein Tor bzw. Zieleinlauf, kein Info-Kiosk oder sonst irgendwas “Besonderes”. Wenn man die offizielle Laufrichtung nimmt, ist das ja der Endpunkt des Natursteigs Sieg, und hier dann plötzlich auf einem nüchternen Schotterparkplatz zu stehen nach 200 km Wanderung und einfach nur denken zu müssen “Das war’s jetzt also!” ohne entsprechendes Ambiente finde ich etwas traurig.

Für mich fing der Weg nun aber erst an, und von der Sieg aus ging’s auch gleich direkt bergan, durch den Ort, vorbei an der Kirche und am Friedhof bis in den Wald. Auf diesem Stück habe ich direkt ordentlich an Höhe gewonnen. Das erste “Highlight” war die Mariengrotte, eine kleine Andachtsstelle im Wald, errichtet zu Ehren der heiligen Bernadette von Lourdes. Kurz danach verlief ich mich ein wenig, denn irgendwie fand ich hier die Beschilderung nicht so ganz eindeutig, aber da ich ja eine Karte hatte, war es kein Problem, wieder auf den richtigen Weg zu finden. Dieser brachte mich dann zur Erzquelle, einer Quelle im Wald, aus der das hiesige, gleichnamige Bier gebraut wird. Danach verlief der Weg lange durch den sog. Giebelwald, ziemlich einsam, was auch eigentlich ganz schön war. Leider war auf einem längeren Teilstück aber nach Sturmschäden eine Umleitung ausgeschildert, die über einen sehr grob geschotterten Forstweg verlief, der sich nicht so toll gehen ließ. Nach vielen Kilometern ging’s schließlich aber wieder raus aus dem Wald und ich erreichte das hübsche Örtchen Freusburg mit seiner alten Burg, die heute eine Jugendherberge ist. Von dort aus ging’s hinab ins Tal, ein kurzes Stück an der Sieg entlang, um diese dann an der Freusburger (ehemaligen) Mühle zu überqueren. Auf dem anderen Ufer verlief der Weg wieder bergauf und dann quasi zurück in die Richtung, aus der ich gekommen war, wobei man jetzt Freusburg und den Giebelwald immer in der Ferne sah. Die Sonne schien ziemlich unbarmherzig, so dass ich froh über jeden Schatten war! Im Wald traf ich dann irgendwann auf ein Schild, das das Ende der 14. und den Beginn der 13. Etappe ankündigte, die ich heute ja noch dranhängen wollte, zumal sie nicht sehr lang war.

Auf dieser Etappe gab es nun 2 “Highlights”, nämlich den Ottoturm und den Druidenstein. Der Ottoturm ist ein Aussichtsturm mitten im Wald, 102 Stufen führen hinauf über die Baumwipfel und von oben hat man einen tollen Weitblick über die Region, nach Osten bis hin zur Autobahn A45 und nach Siegen. Etwas weiter traf ich dann auf den Druidenstein (den man offensichtlich sogar mit dem Auto ansteuern kann), eine eindrucksvolle, vulkanische Felsformation, wie ich sie hier in der Gegend nie erwartet hätte. Tatsächlich erinnerte sie mich sehr an den Devil’s Tower, den ich vor 5 Jahren in den USA besucht hatte, zwar nicht ganz so groß, aber in ihrer Art und Weise nicht minder eindrucksvoll. Früher muss die Felsformation sogar noch um einiges höher gewesen sein, aber im 30jährigen Krieg hat man sie zum Teil abgetragen, um den Feinden keine markante Landmarke als Orientierungshilfe zu geben, die man schon von Ferne hätte erkennen können. Aus heutiger Sicht sicher schade, damals aber vermutlich ein ganz sinnvolles Unterfangen. Vom Druidenstein aus ging es noch einen Kreuzweg hinab entgegen der eigentlichen Laufrichtung, der weitere Weg bis zum Ziel der Etappe in Alsdorf war dann auch nicht mehr so spektakulär. Überhaupt verlief der Weg heute doch recht viel durch Ortschaften, mehr, als ich das erwartet hatte, was ich nicht so ganz schön fand. Trotzdem war ich, am Ziel angekommen, froh, wieder in der Zivilisation zu sein und mir an einer Tankstelle eine eiskalte Mezzomix besorgen zu können, die ich mir redlich verdient hatte. 30 Minuten etwa musste ich noch auf den leider nur stündlich verkehrenden Zug warten, der mich dann aber in wenigen Minuten nach Betzdorf brachte, wo ich mir ein Hotelzimmer für die Nacht reserviert hatte.

Das Zimmer war ziemlich schlicht und eng, aber sauber und für eine Nacht okay. Abens drehte ich noch eine Runde durch den Ort, fand den, ehrlich gesagt, ziemlich wenig einladend, viel Leerstand, vernachlässigte 70er Jahre- Architektur, nicht wirklich eine Perle, wenn man mal von vereinzelten, kleinen Details absah. In einem Balkanlokal konnte ich aber lecker und preiswert zu Abend essen, ehe ich mich wieder in mein Hotel begab und bei einem schönen Abendrot einschlief.

🥾: 29,2 km

Freitag, 17.06.2022: Alsdorf bis Wissen (Etappen 12 + 11)

Der nächste Tag begann mit einem Frühstück um 8:00 Uhr im Hotel, nichts Weltbewegendes, aber immerhin ausreichend. Ich musste mich auch ein bisschen beeilen, denn der Zug nach Alsdorf fuhr ja nur einmal pro Stunde, der, den ich nehmen wollte, um 8:40 Uhr, da wäre für ein üppiges Frühstücksbuffet eh nicht genug Zeit zum Genießen gewesen. Meine heutige Wanderung konnte ich nun also eine Stunde eher starten als am Vortag. Zunächst ging es noch ein ganzes Stück durch Alsdorf, heute aber auch durch den “alten” Teil des Ortes, und hier gab es wirklich eine ganze Reihe sehr schöner und gepflegter Fachwerkhäuser, das war etwas für’s Auge. Danach verschlang einen der Wald und immer ein Bachtal entlang verlief der Weg weit weg von der Sieg. Erneut traf ich auf eine Stelle mit vielen umgestürzten Bäumen, hier war aber überraschenderweise überhaupt keine Umleitung ausgeschildert und mir blieb nichts anderes übrig, als mich mit Hilfe meiner Karte quer durch den Wald zu schlagen. Na ja, abgesehen von ein paar Brennessel-Stichen hat das noch ganz gut geklappt und irgendwann traf ich wieder auf einen Forstweg mit der korrekten Markierung. Der weitere Wegverlauf heute gefiel mir deutlich besser als am Vortag. Zwar passierte man ab und zu auch ein paar Dörfer, diese lagen aber weiter weg vom Weg als auf den Etappen 13 und 14 oder wurden nur kurz berührt, der naturnahe Anteil überwog diesmal deutlich. Nach einer lustigen Rutschpartie (hier befand sich eine Tunnelrutsche direkt neben einem Treppenabstieg des Weges, und die musste ich natürlich ausprobieren!) und herrlichen Ausblicken über die umliegenden Felder erreichte ich schließlich den ersten Höhepunkt des heutigen Tages, den Steinerother Kopf. Hier oben konnte ich einen Weitblick genießen, der bei dem heutigen, klaren Wetter bis hin zum Siebengebirge am Rhein reichte. Wieder hinab vom Gipfel lockte mich ein Hinweisschild auf ein Lokal am Wegesrand zur Einkehr. Die Mittagszeit nahte und ich bekam langsam Hunger. Also machte ich mich dorthin auf. Auf dem Weg verlief ich mich leider noch einmal ein ganzes Stück, denn ich übersah ein sehr versteckt angebrachtes Wegzeichen, das mich eigentlich zum Linksabbiegen aufgefordert hätte, aber der Weg, den ich stattdessen ging, war so bequem und bot so tolle Aussichten, dass ich meinen Fehler erst nach einer ganzen Weile beim Blick auf die Karte bemerkte. Also nochmal zurück und dem korrekten Schild gefolgt, so kam ich an die Stelle, an der die 12. Etappe des Natursteigs Sieg endete und die 11. begann. Wenn man hier hätte aufhören wollen, hätte man nach Scheuerfeld absteigen können, ich aber lief weiter zu meinem Tagesziel Wissen.

Entgegen den Angaben auf dem Werbeschild für die Gaststätte, das ich vorhin sah, erwies sich das erhoffte Lokal bei meinem Eintreffen leider als geschlossen, was ich ziemlich ärgerlich fand. Als ich dann etwas später an einer schönen Aussichtsbank vorbeikam, nutze ich diese halt, um mit meinen eisernen Notreserven (Müsliriegel, Nussmischung und Dauerwurst) selbst ein Picknick zu veranstalten. Danach näherte ich mich dem nächsten Höhepunkt der Tour, dem Blick auf die Siegschleife oberhalb von Niederhövels, der war wirklich lohnenswert. Es folgte ein extrem (!) steiler Abstieg, so steil, dass ich ihn nach Regen nicht würde gehen wollen. Danach ging es unterhalb des Felsen, von dem aus man gerade oben den tollen Blick auf die Sieg hatte, am Ufer derselben wieder weiter gen Westen. Nach einiger Zeit passierte ich einen Campingplatz, der kam mir wie gerufen, denn ich hatte immer noch ein wenig Hunger, hatte Durst, eine kleine Gaststätte hatte dort geöffnet und so genoss ich ein kühles Getränk (oder auch zwei) und eine Currywurst mit Pommes, danach ging es mir wieder richtig gut. Der Campingplatz musste überquert werden, danach ein Bachtal ebenso, an dessen anderen Ufer es erneut wieder auf einen schmalen und steilen Pfad ging, diesmal aber bergauf. Dieser Pfad war so steil, dass man sogar ein Hilfsseil zum Hochziehen dort gespannt hatte! Weiter führte mich der Weg wieder durch Wälder und vorbei an Feldern, bis ich schließlich die ehemalige Erzgrube Rasselskaute erreichte, von der nur noch eine tiefe Senke und die Abraumhalden übrig geblieben sind. Abgesehen davon konnte man ansonsten vom Aussichtspunkt oberhalb der Grube, an dem der Natursteig Sieg vorbeiführt, allerdings nicht viel mehr sehen. Die letzten Kilometer bis Wissen legte ich dann recht zügig zurück, denn ich wollte noch eine bestimmte Bahnverbindung erreichen, die mich wieder nach Hause bringen sollte. Dabei ging es durch einen Wald, in dem ein paar ganz witzige Holzskulpturen standen. An der Sieg schließlich angekommen musste ich noch ein ganzes Stück parallel zu ihr hübsch am Ufer entlang laufen, bis ich die Stadt Wissen erreichte und damit auch deren Bahnhof.

Leider gestaltete sich die Rückreise deutlich weniger entspannt als die Anfahrt am Vortag: der Zug in Wissen hatte über eine halbe Stunde Verspätung, als er eintraf, war er entsprechend überfüllt und überall im Gang drängelten sich die Leute. Auch ich musste erstmal stehen, bis später dann endlich ein Sitzplatz frei wurde. Mit der Verspätung habe ich natürlich sämtliche Anschlüsse verpasst. In Köln Hbf. beim Umsteigen wurden dann auch noch mehrere Züge als “ausgefallen” angesagt. Letztlich erwischte ich eine S-Bahn, die zwar nicht die schnellste war, aber immerhin nicht überfüllt und sie fuhr wenigstens! So kam ich schließlich, zwar mit 1,5 Stunden Verspätung, aber doch erschöpft und glücklich zuhause an. Trotz einiger Mankos waren die ersten 2 Tage auf dem Natursteig Sieg durchaus vielversprechend und ich war neugierig, was mich auf den weiteren Etappen erwarten würde.

🥾: 28,4 km