Burg Turaida, Sigulda
In etwas über einer Stunde erreichten wir Sigulda. Der Verkehr in Riga selbst war noch recht stark, kaum dass wir die Stadtgrenze hinter uns gelassen hatten, ebbte er aber sofort ab. Von der Burg Turaida in Sigulda hatte ich keine wirkliche Vorstellung, für 6 € Eintritt Geld konnte man aber nicht nur die teilweise restaurierten Ruinen besichtigen, in denen auch noch interessante Museumsexponate ausgestellt waren, sondern darüber hinaus noch zahlreiche weitere Gebäude, die zu einem ehemaligen Gutshof auf diesen Gelände gehörten und die teilweise original rekonstruiert wurden, etwa ein Badehaus, eine Schmiede, ein Unterstellschuppen für Kutschen und ähnliches. Sehr schön war auch die Holzkirche, die, ebenfalls original, hier oben auf dem Hügel stand. In einem Haus hatte man außerdem noch ein interessantes Museum über die Liven eingerichtet, eine finno-ugrische Volksgruppe, die ehemals die Gegend hier bewohnte beziehungsweise dominierte. Man hätte sicherlich noch viel mehr Zeit in diesen Museum verbringen können, um auch die interessanten Erläuterungen zu lesen, die im Übrigen alle auch in Deutsch verfasst waren , leider mussten wir weiter, denn der Tag war doch schon fortgeschritten.
Um noch einen Blick auf die Burg Turaida von der gegenüberliegenden Seite der Gauja zu erhalten, fuhren wir nach Sigulda, erst zur alten Burg, wo wir aber keinen Zugang zum Aussichtspunkt fanden. Die Kassiererin dort schickte uns stattdessen zum Paradies-Hügel, etwas weiter entfernt. Gelohnt hat sich das wirklich, denn wir genossen von dort einen schönen Blick über die Gauja und zur Burg. Gegen 19 Uhr erreichten wir dann endgültig unsere Unterkunft in Karli, checkten ein und fuhren gleich weiter nach Cesis. Dort organisierten wir ein Paddelboot für den übernächsten Tag auf der Gauja und fuhren anschließend in den Ort, um etwas zu essen. Leider wirkte es hier schon ein wenig ausgestorben, viele Lokale schlossen sogar schon gegen 19 Uhr oder 20 Uhr, im Restaurant des Hotels Cesis fanden wir allerdings dann doch noch einen Tisch und konnten auch noch jeder eine durchaus recht leckere Pizza essen. Bei tiefstehender Sonne fuhren wir wieder zurück nach Karli, das im Übrigen aus allen Richtungen nur durch Schotterstraßen zu erreichen war. Den Abend in unserem gemütlichen Zimmer mit dem treffenden Namen „Christian“ verbrachten wir wie üblich, ehe spät das Licht ausgehen konnte.
117 km
Mittwoch, 13.06.2018 – Amata-Trail, Cēsis
Ein bisschen Wandern, ein bisschen Sightseeing. Der heutige Tag bot etwas von beidem und war dadurch sehr abwechslungsreich. Zunächst genossen wir um 8:30 Uhr das wirklich leckere und liebevoll angerichtete Frühstück in unserem Hotel, ehe wir um kurz nach 10 Uhr aufbrachen und zum Parkplatz am Zvārtes-Felsen fuhren. Hierbei handelt es sich um einen der ersten der von uns besuchten, typischen Sandsteinfelsen, die die Flussufer säumen und zahlreich hier im Gauja-Nationalpark vorhanden sind. Wir bestaunten den Fels von unten, überquerten den Fluss auf einer neuen, schicken Hängebrücke und genossen dann noch den Blick von der Felswand von oben, ehe wir die eigentliche Wanderung begannen. Der Amata-Trail folgt dem gesamten Verlauf des gleichnamigen Flusses, aufgrund der Länge konnten wir allerdings nur ein Teilstück dieses Trails wandern, zumal ansonsten das Problem bestanden hätte, wie man vom Ende des Weges wieder zum Ausgangspunkt zurückkommt. Wir wählten also etwa das mittlere Drittel, vom Zvārtes-Felsen aus, liefen ab da immer nah am Flussufer, der Weg folgte allen Schleifen und Kehren, vereinzelt gab es auch kurze Stichwege hinunter zum Wasser. Es handelte sich um einen sehr schmalen Wanderpfad, teilweise stark zugewachsen, jedoch immer problemlos zu erkennen, einen wirklich schönen Wanderweg, einen der schönsten, die ich in Europa in den letzten Jahren begangen habe. Ein wenig Tierwelt gab es auch zu sehen, einige Vögel, z.B. einen Zaunkönig, einen einzelnen Gänsesäger und einen weiteren mit Jungen, eine Schellente, außerdem scheuchten wir noch einen Rehbock auf, der etwa 10 Meter vor uns plötzlich in einer Wiese aufsprang und davon galoppierte. In Abständen von etwa 300 m waren am Flussufer regelmäßig Geocaches versteckt, die wir auch noch zu bergen versuchten, leider gelang uns das nur in etwa jedem zweiten Fall. Aus dem Internet hatte ich mir zuvor diverse Rundwege gespeichert, nach etwas über der Hälfte der Strecke schienen sich Möglichkeiten anzubieten, oberhalb des Flusses auf relativ gerader Strecke zum Parkplatz zurück zu wandern. Dieses taten wir dann auch, kamen hier deutlich flotter vorwärts, da der Weg meist auf breiten Fahrwegen verlief. Allerdings mussten wir einige Gehöfte passieren, nach Passieren trafen wir dann immer wieder auf Schilder, die das Betreten des Privatgrundstücks untersagten, so dass es sich hierbei entgegen den Angaben der GPS-Touren aus dem Netz offensichtlich doch nicht um einen offiziellen Weg handelte. Angesprochen wurden jedoch auch nicht und erreichten schließlich nach ca. 5 Stunden wieder unser Auto.
Wir fuhren zurück in unsere Unterkunft, duschten dort kurz und machten uns gleich wieder auf, erneut nach Cēsis, wo wir gestern zu Abend gegessen hatten und wo wir nun die Burg besichtigen wollten. Ohne Besuch des angegliederten Museums zahlten wir 4 €, konnten dafür das Burggelände begehen, auf einen Turm steigen, in den engen Kerker hinabklettern und den mittelalterlichen Garten bewundern. Besonders die Turmbesteigung war nett gemacht, denn jeder Besucher erhielt eine Laterne mit Kerze, um sich den Weg zu leuchten, elektrische Beleuchtung gab es nicht, man bekam so einen Eindruck, wie schummrig es früher in Schlössern und Burgen war. Nach der Schlossbesichtigung aßen wir lecker in einem Lokal am Kreisverkehr zu Abend und machten dann noch einen Stadtrundgang. Es gab hier viele schöne alte (Holz-)Häuser, teilweise gut restauriert, teilweise aber noch renovierungsbedürftig. Auch das Innere der wuchtigen Kirche schauten wir an und bestiegen auch hier den Turm, wobei die Aussicht von oben nicht so weltbewegend war. Nach einem kleinen Einkauf im naheliegenden Maxima-Markt fuhren wir zurück in unsere Unterkunft und kamen gegen 21 Uhr dort wieder an.
33 km
Donnerstag, 14.06.2018 – Paddeltour auf der Gauja
Schon im Rahmen der Vorbereitung dieses Urlaubs hatte ich beim Betrachten der Bilder der Sandsteinfelsen im Gauja-Nationalpark gedacht, dass man hier eine Paddeltour machen sollte, zumal die Gauja als idealer und einfacher Paddelfluss beschrieben wurde. Heute war es dann soweit. Nach einem wieder sehr leckeren Frühstück fuhren wir um kurz nach 9 Uhr los zum Bootsverleih hinter der Gauja- Brücke in Cēsis. Dort wurde unser Kajak auf einen Transporter geschnallt, mit diesem wurden wir zur Einsatzstelle Jāņarāmis gebracht.
Etwa um 10:15 Uhr begannen wir unsere Fahrt, gegen 18:15 Uhr sollten wir am Zielort Ligatne ankommen. Unterwegs trafen wir nur noch ein einziges weiteres Boot, da hatten wir sicherlich Glück, am Wochenende bzw. in der Hochsaison soll auch nach Angaben unseres Vermieters vom Bootsverleih Jeņču laivas deutlich mehr los sein, der Fluss teilweise voll von Booten. Das Paddeln ging im Allgemeinen recht gut vonstatten, man merkte allerdings doch immer mal wieder einzelne Strömungen und Strudel, die das Paddeln erschwerten, nach Angaben im Reiseführer oder auch seitens der Infotafeln soll die Gauja auch berüchtigt für sich verlagernde Sandbänke sein, so dass das Baden an einigen Stellen durchaus gefährlich sein kann. Außerdem wurde die Fahrt teilweise noch durch Gegenwind gestört, dieser blies allerdings nicht ständig. Insgesamt muss ich sagen, dass ich trotz aller Schönheit der Landschaft teilweise doch zumindest ein wenig enttäuscht war, da ich davon ausging, dass an den Ufern deutlich mehr Sandsteinfelsen zu sehen waren, dieses war nicht der Fall, die meiste Zeit ging die Fahrt durch bewaldete Regionen, nur vereinzelt unterbrochen von Sandsteinformationen, teilweise haben wir diese sogar passiert, ohne dass sie uns aufgefallen waren. Leider stand die Sonne „fototechnisch“ ungünstig, meist waren die Felsen im Gegenlicht, sodass auch Fotos nicht immer hundertprozentig gelangen, ansonsten war die Fahrt allerdings doch sehr schön und lohnenswert, wenn auch mit 30 km für Untrainierte wie uns sicherlich grenzwertig lang, abends zurück im Hotel waren wir doch hinreichend erschöpfte. Sehr schön waren unterwegs im Übrigen auch die Rastplätze, die kostenlos genutzt werden konnten und neben Feuerstellen und Sitzbänken sowie Plumpsklos sogar offene Holzunterstände boten, in denen man seinen Schlafsack ausbreiten kann. Wie die Sandsteinfelsen waren allerdings auch die Rastplätze oft nur schwer erkennbar und nicht immer ausgeschildert, sodass man auch hieran manchmal vorbeifuhr. Stromschnellen gab es kaum, nur wenige hinter den Ķūķu klintis, dort fanden sich insgesamt drei in etwa jeweils 100 bis 200 m Abständen, zwischen der zweiten und der dritten legten wir noch eine längere Rast einschließlich Badepause ein, in der dritten schwappte dann ein großer Schwall ins Boot, sodass wir doch ein wenig nass wurden, in Anbetracht des strahlenden Sonnenscheins den ganzen Tag über und der Temperaturen war das jedoch kein Problem. Die Rückfahrt von Ligatne nach Cēsis dauert deutlich länger als die morgendliche Anreise, um 19 Uhr kamen wir wieder an der Verleihstation an, gaben das Boot ab und fuhren zurück zum Hotel.
Nachdem wir beide geduscht hatten, gab es um 20 Uhr Abendbrot. Hier im Hotel wird regelmäßig ein Drei-Gänge-Menü angeboten, das wir für diesen Abend auch im Vorfeld gebucht hatten. Das Essen war landestypisch, aber nicht so fettig wie sonst oft, sehr lecker und alles frisch zubereitet, es gab Zucchini-Spinatsuppe, Schweinefleisch und Graupenrisotto mit Kürbis und Vanilleeis mit Halbgefrorenem aus Erdbeeren und Pfefferminz. Abends wurden die Sachen für die leider am nächsten Tag anstehende Abreise gepackt, es mussten noch Karten geschrieben werden, dann ging es ein vorerst letztes Mal in Lettland ins Bett.
21 km
Freitag, 15.06.2018 -Ērgļu klintis
Die Reise führte uns weiter in das letzte der drei baltischen Länder, über die lettisch-estländische Grenze. Nach einem letzten guten Frühstück im Hotel Karlamuiza fuhren wir aber zunächst noch einmal nach Cēsis, um dort die im Bahnhof untergebrachte Post aufzusuchen, Briefmarken zu kaufen und unsere Postkarten einzuwerfen. Da das Navi bis Tartu nur eine Fahrzeit von knapp drei Stunden angab, hatten wir noch ein wenig Zeit, fuhren deshalb als nächstes noch einmal zu den Klippen von Ērgļu klintis, an denen wir gestern unten vorbei gepaddelt waren, den höchsten Klippen an der gesamten Gauja. Über eine 600 m lange Forststraße führte eine kurze Wanderung zu den Klippen. Wir waren dort anfangs ganz alleine, es war schön, die Klippen noch einmal aus einer anderen Perspektive gesehen zu haben.