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Navarra 1

Samstag, 03.09.2022: Anreise nach St.-Jean-Pied-de-Port (Frankreich)

Um 5 Uhr ging der Wecker und bald schon ging es los mit dem Auto Richtung Flughafen. Bei meiner Ankunft in Köln gab es eine ziemlich lange Schlange an der Sicherheitskontrolle, die wurde immer länger, je weiter die Zeit voranschritt. Erstmal musste ich allerdings einchecken, das ging zu Glück flott, denn hier war nur ein Passagier vor mir dran. Dann habe ich mich in die Schlange zum Sicherheits-Check gestellt. Als ich endlich den Eingangsbereich des Sicherheits-Checks erreicht hatte, habe ich erst gesehen, dass ich dort den „Fast Track“ hätte nutzen und direkt an der Schlange vorbei gehen können. Schließlich hatte ich das ja extra vorgebucht! Also fix aus der Schlange raus und durch eine zweite Schleuse, nach insgesamt 30 Minuten war ich dann durch die Sicherheitskontrolle durch. Jetzt hatte ich noch über zwei Stunden Zeit. Also bin ich mal wieder viel zu früh vor Ort gewesen, aber sicher ist sicher… Der Flieger war recht pünktlich, die Sitze bei Ryanair, mit denen ich zum ersten Mal in meinem Leben flog, waren nur mässig bequem, mit Plastikschale, eine Verstellbarkeit in der Rückenlehne gab es nicht, aber für zwei Stunden ging’s. Unterwegs habe ich beim Blick nach draußen nicht viel gesehen, da wir die ganze Zeit über Wolken geflogen sind, auch die Pyrenäen lagen weiter in der Ferne als gedacht, waren daher nicht so eindrucksvoll, wie ich mir das vorgestellt hatte. Fast noch pünktlich sind wir in Biarritz gelandet. Interessanterweise gab es hier eine Passkontrolle, und das trotz EU-Flug – seltsam! Mein Transport-Shuttle von Express Bourricot, der mich nach St.-Jean-Pied-de-Port bringen sollte, sollte um 14 Uhr kommen, tatsächlich war er erst 20 Minuten später da, da sich noch ein Flieger mit weiteren Mitfahrern verspätete. Wir Wartenden wurden darüber aber per SMS informiert, insofern war das ganz okay und durchaus nachvollziehbar. Netterweise setze mich die Fahrerin direkt bei meinem Hotel ab, da das an der Ortseinfahrt lag, sehr praktisch! Ich checkte ein, leider habe ich den über 80-Jährigen Besitzer mit durchgemachtem Schlaganfall und dadurch ziemlich nuschelndem Französisch nur sehr schwer verstanden, das Wichtigste war mir aber doch klar. Kurz ging ich dann zum Lidl in der Nähe, um ein paar Müsliriegel als Wegzehrung und Getränke zu kaufen, und habe danach dann einen Stadtbummel gemacht.

St.-Jean-Pied-de-Port ist ein hübsches Örtchen, wenn auch recht touristisch, außerdem war ja Wochenende, daher war ziemlich viel los! Ich lief hinauf zur Zitadelle mit schönem Ausblick, danach durch die Hauptstraße des Ortes, auf der gleichzeitig der Jakobsweg entlang führte. Die war hübsch angelegt und es lagen hier ziemlich viele Pilgerherbergen wie auch das Pilgerinformationsbüro. In dem war ganz ordentlich Betrieb, man musste draußen warten, ehe man endlich eingelassen wurde, der Laden war rappelvoll. Im Pilgerbüro habe ich dann meinen ersten Stempel im Pilgerpass erhalten, ein tolles Gefühl! Anschließend bin ich noch ein wenig über die Stadtmauer gelaufen und habe mir danach etwas zu essen gesucht. Allerdings musste ich noch ein wenig warten, denn die Lokale öffneten fürs Abendessen erst ab 19 Uhr – fast schon spanische Verhältnisse! Ich gönnte mir erst ein herzhaftes Galette, danach ein süßes Crepe, trank dazu einen Cidre, das alles war nicht ganz günstig, aber wirklich lecker und auch sättigend. Anschließend lief ich zurück zum Hotel, das nicht in St. Jean selbst, sondern in einem Nachbarort lag, und packte dort alles für den nächsten Tag. Die Aufregung stieg, ich war gespannt, ob ich den nächsten Tag problemlos bewältigen würde, immerhin bot er einige Herausforderungen für mich: die Länge, die Höhenmeter, und auch ordentliche Hitze war angesagt: über 30 Grad! Wir werden sehen!

Sonntag, 04.09.2022: St.-Jean-Pied-de-Port – Roncesvalles

Es geht los! Und gleich mit einem der schwierigsten Tage auf dem ganzen Weg! Um 7:00 Uhr gab es Frühstück, das war für 9 € sehr üppig und lecker, speziell für französische Verhältnisse! Abmarsch war um 7:40 Uhr, ich sollte etwas über 7 Stunden brauchen für meine heutige Etappe, das war aber deutlich schneller, als ich gedacht habe. Tatsächlich war die Steigung akzeptabel, nur ein nicht allzu langes Stück von Honta bis hinter Orisson war extrem steil, ansonsten waren die Steigungen fast durchweg gemäßigt. Teilweise ging es auch über asphaltierte Fahrstraßen, der Weg war also einfach zu begehen, da hat man die Höhenmeter gar nicht so wahnsinnig gemerkt. Morgens herrschte noch toller Nebel im Tal, der sich lichtete, je mehr die Sonne rauskam und je höher ich stieg. Ganz tolle Lichtstimmungen! Es waren extrem viele Menschen unterwegs, viel mehr, als ich das befürchtet hatte. Ich hoffe, das ist kein schlechtes Omen für die weiteren Unterkünfte auf dem Weg, die ich noch nicht vorher gebucht habe! Nachdem man die bewaldeten Zonen verließ und auf die Hochebenen kam, wurde es sehr windig. Entgegen dem, was ich gedacht habe, habe ich dort daher nicht geschwitzt, sondern teilweise sogar fast ein bisschen gefroren. Zum Glück ließ der Wind nach einiger Zeit wieder nach. In der Ferne sah man toll die spitzen Gipfel der Pyrenäen. Auch ein paar Geier kreisten immer mal wieder über dem Weg. Erst wollte ich in Orisson Mittagsrast machen, da ich aber schon nach zwei Stunden dort war, war mir das zu früh. So war ich froh, um die Mittagszeit auf einen Foodtruck zu treffen, auf den man mich gestern schon im Pilgerbüro hingewiesen hat. Ich gönnte mir dort eine Banane und eine Cola. Außerdem hatte ich kurz zuvor noch eine Camembertecke und eine Madeleine gegessen, die ich vom Frühstück mitgenommen hatte. Schließlich verließ der Wanderweg am Kreuz von Thibault die Straße und führte über Pfade und Forstwege, jetzt meist eben, teilweise sogar schon wieder etwas bergab. Dabei ging es durch schöne Wälder. Überall blühten Herbstzeitlose. Die Grenze zwischen Spanien und Frankreich habe ich überhaupt nicht gemerkt, so unscheinbar war diese. Es folgte noch ein letzter Aufstieg zum höchsten Punkt der Etappe, wo sich dann erstmals ein Blick in das vor mir liegende Tal mit dem Kloster von Roncesvalles auftat, ein herrlicher Anblick! Da der direkte Abstieg steil und gefährlich sein sollte, hatte man mir im Pilgerbüro die Straße zum Rolandsdenkmal empfohlen, die ich und die meisten anderen Pilger dann auch entlang wanderten. Es ging ab jetzt stetig bergab, bis ich auf die Hauptstraße traf. Kurz zuvor gab es noch einige Bunker zu sehen, interessante Relikte aus der unschönen Zeit der Franco-Ära. Die letzten Meter führte der Pfad dann wieder durch den Wald parallel zur Straße, bis ich schließlich das Kloster Roncesvalles erreichte. Wie schon gesagt war ich viel schneller dort als gedacht und auch gar nicht so erschöpft, wie ich das befürchtet hatte. Ich hoffe, das ist ein gutes Omen für die kommenden Tage!

In der Herberge war schon viel Betrieb, ich musste deshalb noch ca. 15 Minuten „Schlange stehen“ und warten, bis ich einchecken und mein Bett beziehen konnte. Alles war aber gut durchorganisiert, die Hospitaleros, alle aus Holland, sehr nett und freundlich, die Schlafsäle waren sauber und gut gelüftet. Lediglich die Anzahl der Duschen und Toiletten kam mir doch ziemlich knapp vor. Nachdem ich mein Bett bereitet hatte, duschte ich erstmal und drehte dann eine kleine Runde durch den Ort. Der hat im Übrigen nur 20 Einwohner, war also nicht wirklich groß, wenn die Pilgerherberge voll war, hatte sich die Zahl der Menschen in dem Ort fast verzehnfacht! Ich warf auf meiner Runde einen kostenlosen Blick in die Kirche und besuchte für 2,50 € auch den Kreuzgang und den Kapitelsaal, dafür hatte sich das Geld durchaus gelohnt. Anschließend entspannte ich etwas im Schatten eines Baumes auf der Wiese vor dem Kloster wie so viele andere, um mich von den Strapazen der Tour zu erholen.

Später ging ging ich dann zum Abendessen ins Lokal La Posada., war für die zweite „Runde“ für 20:30 Uhr angemeldet. Es herrschte dort echt viel Betrieb, man wurde an große Tische verwiesen für jeweils 9 Personen, mehrere Tische waren voll besetzt. Dadurch saß man bunt durcheinander, an meinem Tisch allerdings leider sechs Franzosen, die sich natürlich nur auf Französisch unterhielten, wie das bei Franzosen leider meist so ist, so dass ich der Unterhaltung nur sehr eingeschränkt folgen konnte. Das Essen war leidlich okay, es gab Nudelsalat mit Thunfisch, Cremesuppe, etwas ungesalzen, zum Hauptgang Hühnchen oder Fisch mit Pommes und zum Nachtisch ein Cornetto. Sicherlich keine Haute Cuisine, aber für 11 € konnte man nicht meckern. Da die Herberge um 22:00 Uhr die Pforten schloss, musste ich nach dem Essen auch rasch wieder zurück. Pünktlich wurde im Schlafsaal automatisch das Licht ausgemacht, ich haderte noch ein wenig mit den vielen Geräuschen, fiel dann aber doch so nach 10 bis 15 Minuten in einen zumindest anfangs recht tiefen Schlaf.

🥾: 26,1 km

Montag, 05.09.2022: Roncesvalles – Zubiri

Ganz angenehm war hier die Anlage der Schlafsäle: dadurch, dass immer vier Betten so eine Art Kabine bildeten, ähnlich wie in einem Liegewagen der Bahn, war es noch einigermaßen privat, auch, wenn die Kabine durch keine Tür abgetrennt war und die Geräusche natürlich auch vom Gang dorthin drangen. Darüber hinaus war die Tatsache, dass jedes Bett einen eigenen, abschließbaren Spind hatte, ebenfalls nicht schlecht. Bei einem Schlafsaal mit ca. 60 Leuten pro Etage war natürlich klar, dass es nachts nicht gänzlich ruhig bleiben würde. Letztendlich habe ich aber doch einigermaßen gut geschlafen. Das erste Mal aufgewacht bin ich gegen 2:00 Uhr, ich weiß gar nicht, warum. Auch da war aber schon der eine oder andere unterwegs zur Toilette, vielleicht lag es daran. Danach bin ich wieder eingeschlafen und gegen 4:30 Uhr erneut aufgewacht, diesmal drängte es mich selbst zum Klo, ich war froh, das erledigt zu haben, denn zwei Herrentoiletten bei 60 Betten ist jetzt auch nicht wirklich viel, Schlangestehen am Klo ist etwas, worauf ich gar keine Lust hatte. Tatsächlich bin ich danach auch noch einmal eingeschlafen und erst um kurz vor 6:00 Uhr erneut aufgewacht, als es dann doch zunehmend unruhiger wurde. Um 6:00 Uhr ging dann auch automatisch das Licht wieder an, tatsächlich brachen da schon die ersten auf, keine Ahnung, warum. Die meisten hatten heute nur eine Strecke von ca. 25 km vor sich, da muss man wahrlich nicht so früh loslaufen. Es sei denn, man hat Angst um einen Schlafplatz und will sich frühzeitig einen sichern, wobei ich es da praktischer finde, telefonisch oder online ein Bett zu reservieren. Allerdings ist das bei manchen Pilgern offensichtlich gegen den Codex, wie es aussieht, mir war das egal und es machte mir das Gehen deutlich entspannter. In Zubiri dürfte es nämlich wieder ziemlich voll sein, wie ich gestern Abend schon gehört hatte! Meine drei französischen Mitschläfer machten sich auch schon um 6:00 Uhr fertig und brachen um 6:30 Uhr auf. Bis dahin blieb ich erstmal noch gemütlich im Bett liegen, ließ sie gewähren und stand dann erst langsam auf, nachdem sie aufgebrochen waren, so hatte ich Ruhe und Platz. Um 7:00 Uhr ging’s los, als erstes mit den gepackten Sachen zum Frühstück, wieder ins Lokal La Posada. Hier musste die große Pilgerschar, die schon vor der Tür wartete, aber noch etwa 20 Minuten draußen bleiben, ehe wir eintreten durften. Das Essen gab es an denselben Tischen wie am Vorabend, Weißbrot, je eine Scheibe Wurst und Käse, ein Stück ganz leckeren Kuchen, Kaffee, Orangensaft, Marmelade und Butter, nicht üppig, aber okay zum Sattwerden.

Um 8:00 Uhr brach ich dann schließlich auf, etwas später als gestern, aber in Anbetracht der bevorstehenden Strecke eigentlich immer noch zu früh. Entgegen meinen Erwartungen verlief der heutige Weg nicht stetig bergab, sondern auf den ersten Kilometern bis kurz vor Zubiri immer wieder bergauf, auch gar nicht so wenig. So kam ich auch heute auf manchen Abschnitten ordentlich ins Schwitzen. Ich passierte viele Ortschaften mit schönen, zum Teil alten und sehr stabilen und wuchtig erscheinenden Steinhäusern, ansonsten ging es größtenteils durch den Wald, was bei den Temperaturen von fast 30 Grad durchaus angenehm war. Im Gegensatz zum gestrigen Tag war der Wind weit weniger kühl, aber wir waren ja auch nicht mehr ganz so hoch. Kurz vor 12:00 Uhr, bis Zubiri waren es nur noch 6 km, machte ich es mir im Wald auf einer Lichtung gemütlich und legte eine längere Pause ein, döste sogar ein paar Minuten. Als ich noch etwas über einer Stunde wieder aufbrechen, musste ich noch ein paar Sekunden warten, da gerade eine Frau neben ihrem im Gebüsch ihre Notdurft verrichtete. Sie hatte mich hier nicht rasten sehen und ich sie nicht kommen hören – wie unangenehm, aber da ich mich ruhig verhielt, bemerkte sie mich auch danach nicht. Leider fiel mir unterwegs häufig auf, dass hinter quasi jedem geeigneten Baum neben dem Weg Toilettenpapier lag, das irgendjemand zurück gelassen hatte. Nicht wirklich schön, das Ganze! Natürlich kann es mal sein, das man ins Gebüsch muss, wenn „die Natur ruft“, aber wenn man schon Papier benötigt, kann man das nicht einfach mitnehmen? Schließlich laufen hier jedes Jahr Tausende Menschen entlang, und dementsprechend sah es leider an manchen Stellen auch aus. Es ging jetzt noch ein Stück parallel zum Hang durch den Wald, ehe ich ein letztes Mal für heute die Straße kreuzte. Netterweise stand hier ein Food Truck, der nicht nur gekühlte Getränke verkaufte, sondern einem auch noch einen Stempel gab. Das nutzte ich natürlich, außerdem gab es wieder eine Banane und einen frischen Orangensaft zur Strärkung. Jetzt waren es nur noch 3,5 km bis Zubiri, aber die hatten es in sich. Der Weg war zwar nicht so steil wie ich dachte, aber doch sehr steinig, geröllig und teilweise musste man über abschüssige Platten gehen, da war Vorsicht angesagt, denn stolpern wollte ich hier nicht wirklich!

Schließlich kam ich aber doch unten im Tal an und bezog auch gleich mein Bett in der Albergue Palo de Avellano: ein 8-Bett-Raum, davon 3 Etagenbetten, ich hatte ein Einzelbett, das war aber auch 2 Euro teurer…! Nachdem ich mich geduscht hatte und ein wenig entspannte, drehte ich eine kleine Runde durch den Ort, der aber nur direkt in der Mitte aus ein paar älteren Häusern bestand, ansonsten nicht so toll war, Neubauten und Industrie. Der Ortskern war aber wirklich hübsch und insbesondere auch der ihn hindurchfließende Bach, indem man schön die Füße kühlen konnte. Es kamen sogar ein paar kleine Fische an, die einem an den Füßen knabberten, quasi wie im Foot Spa! Um 19 Uhr gab es Abendessen im Hotel, ähnlich wie am Vortag, aber etwas besser, nur der Wein war nicht so gut. Vorneweg gab es grünen Salat, dann eine Suppe, danach hatte ich Fisch mit Paprikaauflage und zum Abschluss ein typisches hiesiges Dessert, so eine Art Joghurt mit Honig. Den Abend verbracht ich auf dem Dorfplatz, sah zu, wie die Lichter angingen, ehe ich zurück in die Albergue und dort ins Bett ging.

🥾: 22,3 km

Dienstag, 06.09.2022: Zubiri – Pamplona

In unserem Schlafsaal waren wir diese Nacht nur zu acht. Dementsprechend war es um einiges ruhiger und ich habe deutlich besser geschlafen als in der Nacht davor. Um 22 Uhr wurde das Licht ausgemacht und ich schlief auch rasch ein. Zwei “Nachteulen” kamen zwar noch eine ganze Zeit später wieder, das habe ich auch kurz mitgekriegt, habe aber sofort weiter geschlafen. Erst morgens um 6:00 Uhr begannen die ersten dann aufzustehen, was ganz okay war, 8 Stunden Schlaf waren ja durchaus ausreichend. Ich hatte die Frühstücksgruppe um 7:00 Uhr gebucht, das Frühstück war ganz lecker, wenn auch nicht so sättigend wie das letzte, es gab nämlich leider keine Wurst und keinen Käse, nur Süßes, dafür aber auch noch Cornflakes mit Milch und Dosenobst. Um kurz vor 8:00 Uhr war ich startklar und machte mich auf auf die heutige Etappe, die die bisher einfachste werden sollte. Es ging entlang des Rio Arga durch das Tal bis nach Pamplona, oft eben, manchmal am Ufer ein wenig auf und ab, aber längere Steigungen oder Gefälle waren nicht dabei. Der Weg aus Zubiri hinaus war nicht so toll, ging durch ein Industriegebiet, danach wurde die Wegführung aber ganz hübsch, schmale Pfade oder wenig gefahrene Straßen, ganz idyllisch. Wenn nur die durchaus viel befahrene Straße nicht gewesen wäre, die auch durch das Tal verlief und deren Verkehrslärm man quasi die ganze Zeit hörte, das war nicht so schön. Etwas überraschend fand ich, dass es keinerlei Verpflegungsstationen unterwegs gab, die direkt am Weg lagen. Die ersten Möglichkeiten, etwas zu essen und zu trinken, fanden sich tatsächlich erst in den Vororten von Pamplona. Bis dahin musste ich mich mit Wasser und einigen Nüssen begnügen. In einem Supermarkt in Pamplona kaufte ich mir dann zwei Pflaumen, Waffeln und eine Limo, die ich zur Mittagsrast im Park von Burlada verzehrte, während ich den spanischen Rentnern und Kindern mit ihren Eltern dabei zuschaute, wie Sie den Tag verbrachten. Danach ging es noch weiter durch die Vororte, bis ich schließlich die Mauern der Altstadt erreichte. Durch das französische Tor betrat man die eigentliche Innenstadt und traf hier auf enge Gassen, von mehrstöckigen, hohen Häusern gesäumt, sehr schön, erinnerte mich ein wenig an Cadiz, aber auch an die Bilder, die man vom Pamplona zur Zeit der San Fermin her kennt, wenn die Stiere hier durch die Straßen getrieben werden. Ich musste einmal quer durch die Innenstadt hindurchmarschieren, bis ich schließlich nach etwas über 20 gemütlichen Kilometern mein Hotel erreichte.

Ich konnte einchecken und bezog ein zwar kleines, aber wirklich ordentliches Zimmer mit Blick auf die Straße und sogar einem kleinen Balkon, wo ich es mir erstmal gemütlich machte und die erste Wäsche des Urlaubs wusch. Immerhin hatte ich hier zwei Nächte vorgesehen, so hatte die Wäsche genug Zeit zu trocknen. Ich hatte vorab, schon von Deutschland aus, in den drei großen Städten, die ich durchquerte, jeweils schon ein Hotel vorgebucht. Das hatte mehrere Gründe. Zum einen schien es mir nämlich erstrebenswert, nach mehreren Nächten in den Mehrbettschlafsälen der Herbergen auch mal ein ruhiges Einzelzimmer genießen zu können. Dieses war umso mehr der Fall, als dass ich jeweils 2 Nächte in Pamplona, Burgos und León verbringen wollte und da ein nettes Zimmer schon recht erstrebenswert war. Außerdem ist es so, dass man in den Herbergen immer nur für eine Nacht unterkommen darf, ich hätte also bei 2 Übernachtungen an einem Ort sogar noch die Unterkunft wechseln müssen, was ich natürlich nicht wollte. Auf meinem Zimmer gab es dann ein kleines Picknick mit Lebensmitteln, die ich mir im Supermarkt nebenan besorgt hatte. Irgendwie hatte ich dann einen Durchhänger und es zog mich nicht mehr so nach draußen, zumal ich nach meinen zwei kleinen Picknicks eigentlich auch schon satt war, also kein Restaurant für ein Abendessen mehr brauchte. Also entspannte ich den Rest des Nachmittags auf dem Zimmer bzw. auf dem Balkon und las noch etwas im Reiseführer über Pamplona, um zu wissen, was mich am nächsten Tag bei meinem Stadtbummel so erwarten würde. So endete der 3. Tag meiner Pilgerreise.

🥾: 22,8 km

Mittwoch, 07.09.2022: Pamplona

Obwohl heute ein Ruhetag angesagt war, bin ich im Endeffekt laut Aufzeichnung doch wieder über 10 km durch die Stadt hin und her gewandert. Geschlafen habe ich ein bisschen unruhig, ich weiß nicht genau, warum, aber das Fenster schloss perfekt, der Straßenlärm blieb außen vor und die Luft im Zimmer war auch okay, überhaupt nicht stickig. Den Wecker hatte ich auf 7:15 Uhr gestellt, keine Ahnung, warum, drängte mich doch heute eigentlich gar nichts. Ich habe ihn dann auch wieder ausgestellt und noch bis ca. 8:00 Uhr weiter gedöst. Danach bin ich runter zum Frühstück, das war wirklich nicht schlecht, besser als das übliche Pilgerfrühstück, aber mit 12 € dann doch ein bisschen überteuert. Na ja, halt touristische Großstadt und Hotelpreis. Gegen 9:30 Uhr oder so bin ich gemütlich losmarschiert, erstmal zur Post, um Briefmarken zu kaufen, die lag nämlich direkt am Weg, dann habe ich verschiedene Punkte in der Stadt angesteuert, die ich mir im Reiseführer herausgesucht hatte. Als erstes ging es zur Kirche St. Nicolas, einen kurzen Blick konnte ich reinwerfen, aber es begann gerade ein Gottesdienst, deshalb blieb ich nicht. Mittags, als ich noch einmal hier vorbei kam, war die Kirche dann leider geschlossen – ärgerlich! Als nächstes ging es zum Hauptplatz der Altstadt, der Plaza del Castillo, ein schöner, großer, weiter Platz mit einem Pavillon in der Mitte. Leider war das Wetter recht bewölkt, das Ganze wirkte daher nicht so schön wie noch am Vortag, als die Sonne strahlte. Weiter ging es zum Denkmal für das Stiertreiben („Monumento al Encierro“), tatsächlich schaute hier die Sonne doch einmal kurz durch die Wolken, gerade, als ich ein Foto machen wollte, perfekt! Danach führte mich mein Weg passend zur Stierkampfarena mit dem Hemingway-Denkmal davor. Die Arena ist ein riesiger Klotz, wird zum Glück mittlerweile aber nur noch in der Festwoche im Juli für Stierkämpfe genutzt. Hineinschauen konnte man nur gegen Gebühr mit Führung, das hat mich dann doch nicht so interessiert. Überraschenderweise geöffnet hatte dafür der Fronton Labrit, die größte Pelota-Halle der Stadt, so konnte ich zumindest einmal einen kurzen Blick hinein werfen, auch, wenn gerade nichts los war. Sah aber schon ganz interessant aus, wo die Basken und Navarresen (heißen die so?) ihrem Nationalsport frönen. Der Weg führte mich dann über die Bastionen der Verteidigungsanlagen rund um Pamplona, man hatte hier einen tollen Blick in die Ferne und auf die leider doch recht retortenmäßig ausschauenden Vororte der Stadt. Weiter ging es zum Königspalast, der mittlerweile ein Archivgebäude ist und mit einem modernen Mantel umgeben, zwar recht schlicht, aber doch dem Stil des eigentlichen Palastes durchaus angepasst. Durch die Markthalle, die wie im Reiseführer beschrieben ein wenig steril und leer aussah, führte mich mein Weg erneut zum Rathaus, an dem ich gestern schon vorbeikam. Ich schoss noch ein paar Fotos und bekam dann langsam Hunger. Diesen stillte ich in einer Pintxo-Bar in der Calle San Nicolas, sehr lecker und durchaus akzeptable Preise, günstiger als Tapas bei uns in Deutschland.

Danach ging es kurz ins Hotel zur Siesta, ehe ich mich auf eine zweite Runde begab, noch einmal durch die Stadt. Mein Ziel war jetzt die Kathedrale, die ich besichtigen wollte, wobei ich mich da ein wenig ärgerte, denn erst später, nachdem ich den Eintrittspreis von 5 € bezahlt habe, habe ich gesehen, dass Pilger nur 3 € zahlen müssen. Das hätte die Kassiererin mir eigentlich sagen müssen, denn direkt neben ihrem Häuschen habe ich meinen Pilgerpass abgestempelt! Fand ich etwas ärgerlich, aber okay, Hauptsache, das Geld wird sinnbringend verwendet. Der Preis ging auch noch in Ordnung, denn damit konnte man nicht nur die Kathedrale, sondern auch den Kreuzgang und das Museum besichtigen. Die Kirche war von innen reinste Gotik, sehr schön, gut erhalten wie auch der Kreuzgang. Hier waren Beschriftungen auch in Englisch, im Museum leider alles nur auf Spanisch, dort habe ich mir es dann verkniffen, die ganzen Texte zu gelesen, da ich eh nicht alles verstanden hätte. Es war aber wirklich schön und interessant gemacht, chronologisch aufgebaut, nicht allzu viele Exponate, durchaus sehenswert. Sehenswert war auch die Küche, ein riesiger, 27 m hoher Raum mit mehreren Abzügen, da kann man sich gut vorstellen, was hier früher los war, wie die Mönche speisten oder auch für die Pilger gekocht wurde. Noch einmal ging es über die Bastionen, diesmal dann in die andere Richtung bis zum Taconera-Park, wo ich mich noch ein bisschen ausruhte, ehe mich mein Weg ein weiteres Mal zurück ins Hotel führte.

Nachdem ich meinen Rucksack für den nächsten Tag gepackt hatte, die Fotos sortiert, in Whatsapp gepostet und mich ein wenig ausgeruht hatte, ging ich gegen 19:30 Uhr ein letztes Mal nach draußen, um etwas zu essen. Wieder zog es mich in die Calle San Nicolas, da hier die meisten Lokale lagen. Gelandet bin ich diesmal gegenüber von dem Lokal, wo ich heute Mittag war, wiederum in einer Tapasbar („Ulzama“), wie üblich mit Fernseher mit Fußballübertragung, aber ohne Ton, so hat es nicht gestört. Ich bestellte mir das Menü des Tages, bei dem man aus mehreren ersten Gängen, mehreren zweiten Gängen und mehreren Desserts jeweils eines auswählen konnte, alles zusammen mit Wasser und Wein für 16,80 €, das war ziemlich okay. Das Essen war unterschiedlich, mein erster Gang Salmorejo sensationell, danach gab es gefülltes Hähnchen nach Cordon bleu-Art mit Pommes, ganz okay, mehr nicht. Zum Nachtisch gab es drei Scheiben Käse mit ein bisschen Quittenmus und zwei Walnüssen, auch nicht schlecht, aber ich hätte besser was Süßes nehmen sollen. Der Wein war ebenfalls nicht so toll, insgesamt war das Essen aber in Ordnung, ich war satt und vor allem die Vorsuppe werde ich ihm sehr guter Erinnerung behalten. Zum Abschluss des Tages drehte ich noch eine kurze Verdauungsrunde durch die abendlich beleuchtete Stadt und war dann gegen kurz nach 22 Uhr wieder zurück zum Hotel. Morgen geht die Pilgertour weiter!