Montag, 19.09.2022: Castrojeriz – Frómista
Die Nacht war wieder nur mäßig angenehm. Anfangs war der Raum ganz gut temperiert, mitten in der Nacht habe ich aber doch ziemlich geschwitzt, dadurch unruhig geschlafen, aber das kann natürlich auch an meinem Kunstfaserschlafsack gelegen haben. Aufgestanden bin ich gegen 6:00 Uhr, habe mich fertig gemacht, mittlerweile waren auch alle anderen Mitschläfer wach. Um 7:30 Uhr gab es Frühstück: ein Heißgetränk, dazu Brot, Marmelade, Cornflakes, Haferflocken, Milch und O-Saft, so viel man will. Losgegangen bin ich kurz nach 7:00 Uhr. Wieder mal war es noch dunkel, wurde dann mit der Zeit aber langsam heller. Außerdem zog sich der Weg durch den Ort ziemlich lang hin. Das hatte immerhin den Vorteil, dass es hell wurde, als ich Castrojeriz schließlich verließ und ich nicht im Dunkeln durch die Felder stolpern musste, die Straßen im Ort waren ja wenigstens beleuchtet. Es folgte ein recht steiler Aufstieg auf den benachbarten Hügel, im Rückblick hatte man von dort eine tolle Aussicht auf den Ort und die direkt hinter dem Kastell über Castrojeriz aufgehende Sonne. Danach folgten die üblichen, langen Strecken über geschotterte bzw. befestigte Feldwege der Meseta, unterbrochen nur von wenigen Orten in recht großen Abständen. Man muss auch sagen, dass heute keiner der Orte, durch die ich durchging, wirklich attraktiv war, da war Castrojeriz noch mit Abstand der schönste, auch schöner als mein Endziel Fromista, das ich nach knapp 6 Stunden erreichte. Zur Abwechslung gab es gelegentlich ein paar schöne Fernblicke, da die Strecke auch weiterhin nicht so flach war, wie ich mir das bei der Meseta vorgestellt hatte, sondern durchaus langgezogen hügelig. Besonders schön fand ich vor allem das letzte Stück bis Fromista, das immer am Kanal von Kastilien entlang führte, das fühlte sich fast ein bisschen so an wie am Rhein-Herne-Kanal bei uns zu Hause! Durch die Bäume am Ufer gab es sogar ein wenig Schatten, was bei der Hitze des Tages sehr angenehm war. Unterwegs fuhr auch das Ausflugsboot auf dem Kanal heute hier entlang und war sogar randvoll besetzt. In den Ortschaften, durch die ich kam, fiel mir auf, dass nirgends ein Café Bestuhlung vor der Tür hatte, weder am Kirchplatz noch sonst wo. Dadurch verlockte mich, ehrlich gesagt, auch nichts wirklich zur Einkehr. Umso froher war ich, als ich bei der Ankunft in Fromista an einem Supermarkt vorbei kam, bei dem ich mich mit einer gekühlten Dose Zitronenlimo eindecken konnte. Einchecken in der Albergue war erst ab 13:30 Uhr möglich, das ganze lief ein wenig chaotisch ab, die Zimmer waren auch nicht so doll, recht alt, nur eine Herrentoilette und zwei Herrenduschen auf der ganzen Etage, naja, man kann nicht alles haben. Da ich mittlerweile großen Hunger hatte, ging ich in eine Bar am Hauptplatz, um etwas zu Essen zu bestellen. Tatsächlich gab es aber nur Pizza, und die war auch noch tiefgefroren, dafür recht teuer mit 10 €, egal, der Hunger trieb’s rein. Anschließend habe ich ein wenig die Zeit vertrödelt, es war schließlich wieder Siesta. Gegen 16:30 Uhr öffnete die Kirche St. Martin, und die wollte ich noch unbedingt besichtigen, da sie eine der schönsten romanischen Kirchen an der Strecke sein sollte. Tatsächlich hat sich der Besuch auch wirklich gelohnt. Zwar war vor allem das Innere sehr schlicht, die zahlreichen Kapitelle und die figürlichen oder ornamentalen Verzierungen innen und außen waren aber im überwiegenden Teil außerordentlich gut erhalten und unbedingt sehenswert. Zum Abendessen habe ich mich noch einmal mit zwei Pilgerbekanntschaften verabredet. Nach dem Debakel mit der Pizza am Mittag suchten wir ein etwas abseits gelegenes Lokal aus, in der Nähe meiner Herberge, das ein Pilgermenü für 16 € anbot. Ich hatte Linsengemüse als Vorspeise, als zweiten Gang sehr leckere Salsiccias (oder so ähnlich, also Würstchen mit viel Knoblauch!) und dazu Pommes. Zum Nachtisch gab es ein Eis, außerdem natürlich, wie üblich, Wein und Wasser zum Essen. Das Ganze war echt lecker und hat sich daher mal wirklich gelohnt!
🥾: 27,6 km
Dienstag, 20.09.2022: Frómista – Calzadilla de la Cueza
Wider Erwarten habe ich in der Nacht recht gut geschlafen, obwohl unter mir ein extremer Schnarcher lag. Ich habe deshalb aber schon am Vorabend zum ersten Mal in diesem Urlaub die Ohrstöpsel benutzt, die offensichtlich zumindest einigermaßen guten Dienst geleistet haben, auch wenn sie das Schnarchen natürlich nicht komplett ausblenden konnten. Der erste Wecker ging um 5:45 Uhr, ab da war ich wach. Wegen des Schnarchens war mir dann ein Weiterschlafen nicht mehr möglich, so dass ich beschloss, noch im Dunkeln meine Sachen zu packen und früh loszugehen. Das war aber nicht so schlimm, denn die meisten waren mittlerweile eh schon auf. Um kurz nach 6:30 Uhr verließ ich die Herberge, wollte eigentlich in einer der Bars des Ortes frühstücken, die nach Auskunft ist Herbergsvaters um 6:30 Uhr öffnen sollten. Leider war das aber eine Fehlinformation, es gab nirgends etwas zu essen, ich konnte lediglich eine Banane verdrücken, die ich noch vom Vortag hatte, und musste erstmal loswandern. Natürlich war es um diese Zeit noch ziemlich dunkel, wir hatten schon fast Neumond, ich selbst keine Stirnlampe. Insofern machte ich mir schon Sorgen, wie das Gehen im Dunkeln klappen soll. Zum Glück war der Weg aber einigermaßen gut zu erkennen. Er verlief durchgängig parallel zur Landstraße, war also auch landschaftlich nicht besonders attraktiv, daher war die Dunkelheit nicht so schlimm. Auch war er fein geschottert und deshalb ohne größere Stolpergefahr. Im nächsten Ort hatte die Bar leider auch noch nicht geöffnet, obwohl es mittlerweile schon nach 7:00 Uhr war. Erst im dritten Ort wurde ich zusammen mit einigen anderen Pilgern fündig, es gab einen Milchkaffee und ein paar eingeschweißte Kuchen, die aber durchaus ganz akzeptabel und saftig waren. Es hätte kurz hinter Fromista noch eine landschaftlich wohl schönere Alternative zum eigentichen Jakobsweg gegeben, allerdings ohne Ortschaften, durch die man durchkam, und da ich ja noch ein Frühstückslokal suchen musste, konnte ich diese Option nicht nehmen, was ich sonst gern getan hätte. Der weitere Weg verlief dann leider fortgesetzt parallel schnurgeradeaus zur Landstraße, der Untergrund hielt sich, so konnte ich zumindest gut „Strecke machen“. Viele Fotomotive gab es nicht, das gab die Monotonie der Landschaft auf Dauer nicht her. Verkehr herrschte früh morgens noch fast gar nicht. Im Laufe des Tages nahm dieser zwar etwas zu, hielt sich aber noch im Rahmen. Im nächsten Ort Villalcazar warf ich kurz einen Blick auf die südliche Vorhalle der Festungskirche des Templerordens, die mit eindrucksvollen Figuren am Portal geschmückt war, wenn auch nicht ganz so ausgefallen wie in der Kirche in St. Martin in Frómista. Leider fehlte mir immer noch die endgültige Bestätigung meiner Unterkunftsbuchung für die folgende Nacht, was mir zunehmend ein wenig Sorgen bereitete, denn da ging ich mit meinen Vorabbuchungen ja lieber auf Nummer Sicher. Deshalb versuchte ich mich dann doch mal mit einem Telefonat, um sicherzugehen, dass meine Übernachtung auch klappen würde. Halb Englisch, halb Spanisch schien man mir zu bestätigen, dass meine Reservierung vermerkt sei – ich hoffte mal, dass alles klappen würde! Gegen 11:00 Uhr traf ich in Carrion de los Condes ein, ein lebhafter Ort, man sieht deutlich, dass es offensichtlich die Metropole für die umliegenden Dörfer ist, auch wenn der Ort selbst nur etwas mehr als 2000 Einwohner hat, aber an einem Wochentag vormittags war doch relativ viel los. Abgesehen von einigen Kirchen gab es keine sonstigen, großartig sehenswerten Bauwerke, der Ort fiel einfach durch seine Lebendigkeit auf, wirkte nicht so ausgestorben wie einige der bisherigen. In einer Bar am Weg habe ich ein Bocadillo mit Käse gegessen, Käse lecker, Brötchen nicht. Milchkaffee und frisch gepresster Orangensaft gehörten natürlich wieder dazu. Danach brach ich auf, stockte meinen Wasservorrat noch einmal auf zwei Liter auf und macht mich dann auf den Weg zur “Hammeretappe”, 17 km schnurgeradeaus ohne eine zwischenzeitliche Siedlung und mit nur sehr wenig Bäumen bzw. Sträuchern. Da alles flach war, war es konditionell nicht wirklich fordernd, mental dann schon eher. Beim Weg aus dem Ort heraus passierte ich noch eine schöne steinerne Brücke und das monumentale Kloster San Zoilo, heute ein 4 Sterne-Hotel, bevor dann die lange Etappe begann. Auffällig war, dass man im ersten Drittel des Wegs sowohl die Straße, als auch den parallel dazu verlaufenden Wanderweg offensichtlich komplett neu gemacht hat. Der Weg ließ sich super gehen, war prima geschottert. Man hatte auch jede Menge Bäume am Straßenrand gepflanzt, vermutlich in der Hoffnung, dass diese ein bisschen Schatten spenden, wenn sie erst mal größer sind. Sogar einen Rastplatz hatte man aufgebaut, wobei dieser aber immer, wie hier in Spanien so oft, mitten in der prallen Sonne stand. Das verstehe ich irgendwie auch nicht, wo doch jeder Schatten sucht! Nach etwa 6 km bog die Straße ab und der Wanderweg führte als breiter, immer noch geschotterter Fußweg weiter. Ganz anders, als ich mir das gedacht hatte, war er aber zumindest anfangs durchaus schattig, rechts und links standen nicht wenige Bäume, so dass das Gehen viel angenehmer war als befürchtet. Nach etwas mehr als einem Drittel der Strecke tauchte dann auch tatsächlich ein erster Foodtruck auf, bei dem vermutlich jeder, der hier vorbeikommt, einkehrt, um der Monotonie des Weges zu entfliehen und da man mittlerweile doch Durst hat. Für akzeptable 2,20 € trank auch ich daher eine Cola bei dem netten Verkäufer. Danach ging es weiter, fortgesetzt auf Schotterwegen, wobei die Bäume ab hier jetzt allerdings deutlich nachließen, mittlerweile ging es fast nur noch durch offenes Feld. Die Sonne knallte vom strahlend blauen Himmel, die Temperaturen waren zum Glück aber noch eingermaßen erträglich, es war nicht so, dass mir der Schweiß im Gesicht stand. Gelegentlich, wenn auch nicht zu oft, wehte sogar ein leichter Windhauch. Das schönste an dem Weg war, dass, wie ich das erhofft hatte, heute Nachmittag kaum Menschen unterwegs waren, die Wanderer, die mir begegneten, konnte ich quasi an einer Hand abzählen. Etwas stärker unterwegs, wenn auch höchstens doppelt so viele, waren allenfalls noch Radpilger, die die Strecke natürlich auch zügiger bewältigten. Morgens soll hier deutlich mehr los sein, wie mir der Verkäufer am Foodtruck sagte, denn viele Pilger übernachten in Carrion de los Condes und bewältigen dann morgens als erstes diese Etappe. Nachmittags, zu der Zeit, als ich hier entlang lief, war deutlich weniger los. Gerade die letzten Kilometer zogen sich noch mal ziemlich durch das offene Land, den Ort Calzedilla de la Cueza, mein Ziel, sah man erst im allerletzten Moment, etwas eher lediglich die außerhalb liegende Friedhofskapelle, so dass man aber schon so ungefähr wusste, wo man hin muss. Ab meiner Pause beim Foodtruck machte sich leider wieder mein rechtes Schienbein bemerkbar, ziemlich ärgerlich, die letzten Meter hatte ich das Gefühl, ein wenig zu humpeln, obwohl ich mir extra vorgenommen hatte, mit dem Tempo heute nicht übertreiben wollte. Letztlich kam ich aber doch gut und noch vor der geplanten Zeit, um 15:45 Uhr, an meinem Ziel an. Ich konnte in der Herberge einchecken, meine Reservierung war zum Glück vermerkt. Die Herberge war mit 18 € die teuerste bisher, von der Ausstattung her allerdings auch die beste. Dreibettzimmer, frische Bettwäsche und sogar ein Frotteehandtuch, da kann man nicht meckern. Wie üblich duschte ich, wusch meine Wäsche, die im Hof in wenigen Stunden trocknete und machte dann ein wenig Email-Post und Buchführung. Gegen 19 Uhr ging ich zum Abendessen, es gab Salat, als Hauptgericht Kalb mit Papas arrugadas, wobei diese in Scheiben geschnitten waren und etwas größer als auf den Kanaren. Die Mojosauce war aber ganz lecker und schmeckte auch recht authentisch. Danach drehte ich noch eine kleine Runde durch den Ort, der, ehrlich gesagt, ziemlich nichtssagend war, ehe ich mich aufs Zimmer zurückgezog.
🥾: 38,0 km
Mittwoch, 21.09.2022: Calzadilla de la Cueza – Sahagún
Aufgrund der Ruhe des Ortes und auch meiner zwei sehr ruhigen Mitschläfer habe ich herrlich geschlafen. Die Temperaturen waren angenehm, in den Morgenstunden schon ein wenig kühl. Meine Mitschläferin sagte gestern abend schon, sie wolle sehr früh los, tatsächlich fast hörte ich auch sehr früh von ihr ein Rascheln, aber nach weniger als 5 Minuten war sie schon raus aus dem Zimmer, so eine rücksichtsvolle Wandererin hatte ich bisher noch nie! Der Herr in meinem Zimmer schlief etwas länger, kramte auch deutlich länger in seinen Sachen herum, bis er endlich ging. Als ich dann ca. eine halbe Stunde später selbst zum Waschen runter ging, saß er allerdings immer noch seelenruhig vor seinem Frühstück. Da hätte er sich das endlose Kramen in den Sachen vorhin auch sparen und später packen können, nach dem Frühstück! Naja, die Menschen sind halt unterschiedlich. Ich selbst frühstückte gegen 8:00 Uhr und machte mich dann auch wenig später auf den Weg. Abgesehen von meinem Abmarsch aus Burgos, der wegen der Busfahrt nicht früher möglich war, bin ich bisher noch nie so spät los gekommen! War aber auch mal ganz schön, die meisten Wanderer waren schon weg, ich war fast alleine unterwegs. Seit Burgos bin ich übrigens morgens an allen Tagen mit der Fleecejacke, denn es war mittlerweile doch recht frisch, bevor die Sonne aufging, die Temperaturen durchaus im einstelligen Bereich. Darüber hinaus merkt man, dass die Sonne immer später am Morgen aufgeht, einerseits, da das Jahr voranschreitet, andererseits, da man sich immer weiter gen Westen bewegt. Die Strecke war alles in allem mäßig abwechslungsreich. Anfangs ging es ein kurzes Stück an der Straße entlang, das war noch okay, zumal da noch nicht so viel Verkehr herrschte. Gegen Ende, auf Sahagún zu, folgten dann wieder längere Stücke an der Straße mit jetzt auch mehr Verkehr, weniger schön. Dazwischen ging es aber ruhig und idyllisch durch die Felder, immer wieder durch ein paar kleinere Örtchen, die recht verlassen wirken, aber wenigstens über ein oder zwei Bars verfügten. Da ich allerdings noch Verpflegung vom Vortag im Rucksack hatte, die ich mir sicherheitshalber für die lange Strecke eingepackt hatte, bin ich nicht eingekehrt, sondern wanderte mit kurzen Pausen durch bis zum Ziel. Mein Schienbein piesackte mich weiterhin sehr – blöd! Anfangs ging es noch, im Laufe des Tages wurde es aber immer schlimmer, erst gegen Ende ließ es dann plötzlich wieder ein wenig nach, keine Ahnung, wieso. Ein bisschen Sorgen machte ich mir aber schon, wie das wohl weitergeht. Der Weg in den Ort Sahagún hinein war ziemlich unattraktiv, die Stadt selbst auch nicht so doll. Recht wenig Atmosphäre, außer ein paar alten Kirchen keine sonstigen, historischen Gebäude. Halt ein Zwischenstopp und ziemlich genau die Hälfte des Camino Frances, das war hier vermutlich die größte Besonderheit. Die Herberge war dafür umso netter, gehörte offensichtlich der Stadt Sahagún, wurde aber von Mönchen geführt. Ich kam in einem Vierbett-Dorm unter, eigenes Bad, hübscher Hof, alles sehr gepflegt, sogar Bettwäsche aus Stoff gab es! Nach dem Duschen und Waschen meiner Handwäsche drehte ich noch eine kleine Runde durch den Ort, das Stadtbild war, wie schon gesagt, nichts Dolles. In einem Kloster nahe der Herberge sollte es noch einen Stempel für den halben Weg geben, den man bis hierhin zurückgelegt hatte, leider war das Kloster aber geschlossen, so bekam ich den Stempel nicht. In einem Lokal traf ich einen mir schon bekannten Mitpilger aus Berlin, mit ihm zusammen aß ich zu Mittag. Ich entschied mich für eine Ensalada russa mit Thunfisch und Feldsalat, die wirklich recht lecker war. Das gemeinschaftliche Abendessen in der Herberge gestaltete sich so, dass der erste Gang vom Haus gegen Spende serviert wird, zum zweiten Gang sollte dann jeder selbst etwas mitbringen, das fand ich irgendwie blöd, nachher hat man vermutlich nur fertige Tortillas, da sicherlich niemand vorher kochen will. Also entschied ich mich dafür, auswärts essen zu gehen und verabredete mich dafür mit dem Berliner gegen 19 Uhr an der Plaza Mayor. Bis dahin legte ich mich noch kurz hin und ruhte mich aus, insbesondere mein Bein. Wir trafen uns pünktlich, allerdings waren alle Lokale um den Platz schon belegt. Stattdessen gingen wir in ein anderes Lokal in der Nähe meiner Unterkunft, wo es Küche aber erst ab 20:00Uhr gab. Also mussten wir die Zeit noch mit Tinto de Verano überbrücken, danach aßen wir Lauch mit Schinken, offensichtlich eine hiesige Spezialität als Vorspeise, ich anschließend eine Käseplatte, die so riesig war, dass ich einiges an Käse noch in einer Serviette (statt Doggy Bag) mit in die Herberge nahm. Mittlerweile war es schon etwas später, um 22:00 Uhr schlossen ja auch hier die Tore der Herberge, um 21:30 Uhr kam ich aber noch problemlos rein. Meine beiden Mitschläfer (das vierte Bett blieb leer) machten sich auch gerade bettfertig, und so machten wir um kurz vor 22:00 Uhr das Licht aus.
🥾: 23,0 km
Donnerstag, 22.09.2022: Sahagún – Reliegos
Um 7:00 Uhr gab es Frühstück, das im Übernachtungspreis von 6 € prinzipiell schon enthalten war. Es wurde aber trotzdem noch um eine extra Spende gebeten, was in Anbetracht des günstigen Preises und der Qualität des Frühstücks auch okay war. Das war nämlich auch wirklich abwechslungsreich, verschiedene Sorten Wurst, Käse Marmelade, Müsli, viel Obst. Nur der Kaffee schmeckte nicht, war löslich bzw. zum Wiederaufwärmen in der Mikrowelle – urghhh!
Um 7:45 Uhr machte ich mich heute auf den Weg. Ich wollte die Variante über die alte Römerstraße Via Traiana gehen, was sich in vielerlei Hinsicht auch als lohnenswert erwies. Tatsächlich gingen nämlich offensichtlich fast alle Pilger den Hauptweg, der teilweise nah an der Autobahn entlang führte. Für mich völlig unverständlich! Auf der Variante war wieder kaum jemand unterwegs, ich traf nur drei oder vier andere Wanderer, unter anderem auch meinen Berliner Mitpilger, mit dem ich mich am Abend zuvor schon darüber unterhalten hatte und mit dem ich auch ein Stück zusammen ging. Leider tat allerdings mein Schienbein trotz zwei Tabletten Ibuprofen 400 immer noch weh, so dass ich sein Tempo nicht mithalten konnte und er irgendwann dann wieder abzog. Es war aber auch ganz schön, die Strecke allein durch das Nichts zu laufen und die Gedanken fließen zu lassen, einzelne Gedankenblitze tauchten da auf, mal sehen, was sich ggf. daraus entwickelt. Man sagt ja, der Camino gibt einem nicht die Antwort auf die Fragen, auf die man Antworten sucht, sondern lenkt die Gedanken auf Dinge, an die man vorher vielleicht gar nicht gedacht hat!
Ähnlich wie die 17 km von Carrion de los Condes nach Calzedilla de la Cueza war die Strecke auch heute zweigeteilt: der erste Teil verlief durch schütteren Wald, bot dadurch teilweise Schatten. An einer Stelle war sogar ein Picknickplatz mit Brunnen angelegt, sehr schön und idyllisch. Nach dem Ort Calzedilla de los Hermanillos änderte sich die Landschaft aber, jetzt wurde es komplett flach, kaum noch Bäume, die letzten fast 20 km verliefen ohne weitere Siedlung nur unter praller Sonne. Temperaturen waren zum Glück bis maximal 26 Grad angesagt, dennoch war das ziemlich fordernd und anstrengend. Dazu kam noch, dass man teilweise auf dem harten Originalpflaster aus der Römerzeit lief, was auch nicht gerade bequem war. So war ich froh, als ich endlich am Ziel in Religos ankam. Erst 2 km zuvor gab es dann noch einen Rastplatz, diesmal sogar schön unter einem schattigen Baum. Trotz des kurz bevorstehenden Ziels legte ich hier auch eine Pause ein, um meine Käsereste vom Vorabend zu vertilgen, denn ich hatte mittlerweile doch schon ordentlich Hunger. Getrunken hatte ich ja unterwegs im Gehen schon des Öfteren, aber irgendwie bot sich keine richtige Gelegenheit mehr für ein Picknick seit Calzedilla. Nach meiner Rast war es dann auch nicht mehr wirklich weit bis zum Zielort Reliegos. Wie schon häufig sah man diesen Ort erst relativ spät, da er in einer Senke lag. Als ich ihn dann aber erblickte, war ich auch schon fast da. Am Ortseingang fanden sich wieder so seltsam mit Türen verschlossene Höhlen im Hang, wie sich später herausstellen sollte, sind das Weinkeller oder auch Bodegas, in denen Weinproben stattfinden, so, wie ich das schon fast vermutet hatte. Die Unterkunft Las Hadas war einigermaßen okay, recht ordentlich, schlecht allerdings leider die Stromversorgung und die Ablagemöglichkeit an den Betten, beides war nicht vorhanden. Auch das WLAN funktionierte in meinem Bett nicht und auch im Garten nicht überall, was schade war. Dafür gab es wieder abschließbare Schränke, immer ein beruhigendes Plus, auch wenn ich keine wirklichen Wertsachen mit mir rumschleppte. Ich meldete mich fürs Abendessen und fürs Frühstück an, beides vegetarisch, scheint die Linie der Besitzerin des Etablissements zu sein, die ein wenig an eine gestresste Pippi Langstrumpf erinnerte. Zum Abendessen gab es Salat, danach Kichererbsengemüse mit Reis, war durchaus ganz lecker. Zum Nachtisch folgte dann leider nur Dosenobst mit etwas frischem Apfel darin. Viel war in dem Ort Reliegos nicht los, er schien ziemlich ausgestorben, deswegen drehte ich nach den Essen auch keine Runde mehr, sondern surfte nur noch ein wenig im Internet, buchte eine weitere Unterkunft und versuchte dann, ab 21:30 Uhr zu schlafen.
🥾: 31,9 km
Freitag, 23.09.2022: Reliegos – León
Die Nacht war ganz okay, sowohl von den Temperaturen her, als auch vom Geräuschpegel. Trotzdem standen natürlich die ersten schon wieder vor 5:00 Uhr auf, aber daran hat man sich ja mittlerweile gewöhnt. Ich krabbelte gegen 6:30 Uhr aus meinem Bett, nachdem ich auch nicht mehr schlafen konnte, ging aber erstmal runter ins Erdgeschoss, um dort zu frühstücken, denn das hatte ich ja vorbestellt. So konnte ich die weitere Zeit bis zum Sonnenaufgang gut überbrücken, auch, um die noch Schlafenden nicht zu stören. Das Frühstück war ganz okay, nichts Besonderes. Gegen 7:00 Uhr ging ich wieder hoch, in meinem Schlafsaal waren von den zehn Betten mittlerweile nur noch zwei belegt, die beiden waren mittlerweile aber auch schon wach, so machte ich einfach mal das Licht an. Dadurch ging das Packen zum Schluss dann deutlich einfacher. Gegen kurz nach 7:00 Uhr verließ ich die Herberge. Es sollte heute der bisher am wenigsten schöne Wandertag des gesamten Urlaubs werden, dieses lag an mehreren Punkten. Zum einen führte die Strecke nahezu durchgängig entlang einer stark befahrenen Landstraße, je mehr ich mich der Stadt León näherte, umso dichter wurde der Verkehr. Wenn es mal nicht an der Straße entlang ging, ging es durch Brachland oder Industriegebiete. Sehenswürdigkeiten gab es keine. Man hätte eigentlich in Mansulla de las Mulas in den Bus steigen können und hätte nichts versäumt, sich aber einiges erspart! Hinzu kam nämlich als weiteres, dass auch mein rechtes Schienbein noch nicht wieder genesen war, ich merkt es den ganzen Tag über, mal mehr, mal weniger. So war ich letztendlich froh, als ich León erreichte. Wie ich schon am Vortag herausgefunden hatte, führte der Jakobsweg an der Endhaltestelle der Buslinie 6 vorbei, hier nutze ich dann die Gelegenheit und stieg ab dort tatsächlich in einen Bus, um die letzten vier bis fünf Kilometer durch die Vororte in die Stadt mit diesem zurückzulegen. In erster Linie ging es mir darum, mein Bein zu schonen, aber irgendwie hatte ich auch genug vom Wandern durch Vororte. Kurz vor der Bushaltestelle gab es einen doch noch ganz hübschen Blick über die nicht so schönen Außenbezirke von León, immerhin sah man aber auch zum ersten Mal die Kathedrale der Stadt. Der Bus kam nach kurzer Zeit, quälte sich ziemlich mühsam durch den Freitagnachmittagverkehr. An einem der nördlichen Tore der Altstadt stieg ich aus und lief die wenigen Meter bis zu meiner Unterkunft. Dort kam ich gegen kurz nach 13:00 Uhr an, konnte erfreulicherweise schon einchecken und auch meine Rechnung bezahlen, nachdem das am Vortag mit der Kreditkartenbuchung aus mir nicht erklärlichen Gründen nicht geklappt hat. Da ich Hunger hatte, ging ich direkt nebenan in ein nett aussehendes Burgerlokal, das auch gute Bewertungen im Netz hatte und aß einen üppigen und tatsächlich sehr leckeren Burger mit Pommes. Anschließend ging es wieder zurück ins Hotel, und mehr machte ich an diesem Tag auch nicht, da ich mir vorgenommen hatte, mein Bein hochzulegen und zu schonen. Zusätzlich kühlte ich es auch noch mit einem nassen Handtuch in der Hoffnung, dass die Reizung bzw. Entzündung darunter ein wenig zurückgeht. So verbrachte ich den Abend, hatte auch keinen großen Hunger mehr, ging daher auch nicht noch einmal zum Essen raus und löschte gegen 22:00 Uhr das Licht.
🥾: 21,3 km