Dienstag, 04.10.2022: PortomarĂn – Palas de Rei
Wieder war die Nacht sehr ruhig und angenehm, wir haben gut geschlafen. FrĂŒhstĂŒck gab es ab 7:30 Uhr, war nicht ganz so abwechslungsreich wie im letzten Hotel, aber auch noch recht vielfĂ€ltig, nur der Kaffee war auch hier nicht wirklich gut. Da bekommt man ĂŒberall deutlich besseren Kaffee, wenn man hier in eine Bar zum FrĂŒhstĂŒck geht! Um 8:10 Uhr starteten wir, die Etappe sollte heute etwas lĂ€nger werden als gestern, landschaftlich hat sie mich aber nicht so sehr begeistert. Am Morgen herrschte noch eine schöne Stimmung mit viel Nebel ĂŒber den Feldern, der sich erst im Laufe des Vormittags lichtete. Auch war anfangs noch nicht so viel Betrieb, voller wurde es erst im Laufe des Vormittags. Es ging insgesamt ziemlich viel bergauf, mehr als 500 Höhenmeter, die sich ĂŒber die ersten 15 km der Tagesetappe erstreckten. Teilweise waren die Steigung gemĂ€chlich, teilweise aber auch ganz ordentlich, so dass man durchaus ans Schnaufen kam. Unsere erste Mittagspause legten wir in O Hospital ein, wo wir eine super leckere Tortilla aĂen, die direkt aus der KĂŒche kam und dabei noch dampfte. Sie war auch nicht so flach wie ĂŒblich, sondern richtig hoch, wie ein RĂŒhrkuchen. Eine zweite Pause mit einem StĂŒck Schokokuchen, ebenfalls ganz lecker, gab es in A Brea, kurz vor Palas do Rei. Was heute nicht so schön war, war die Tatsache, dass wieder mal lĂ€ngere Etappen auf einem Wanderweg neben der LandstraĂe verliefen, da waren die Abschnitte auf kleinen NebenstraĂen und durch die niedlichen Dörfer sicher pittoresker. Besondere SehenswĂŒrdigkeiten gab es auch nicht, lediglich ein schönes Wegkreuz nach etwa der HĂ€lfte der Strecke, ansonsten ein paar einfache und romanische Dorfkirchen. Vor allem in den höher gelegenen Anteilen des Weges war die Vegetation oft eher spĂ€rlich, teilweise hatte man auch den Eindruck, dass hier WĂ€lder zwecks Bewirtschaftung abgeholzt wurden, daher sah die Landschaft nicht ganz so lieblich grĂŒn aus wie die vielen Kuhweiden in den bisher durchwanderten, niederen Regionen. In Palas de Rei warfen wir noch einen Blick in die romanische Ortskirche, die von innen aber ziemlich nĂŒchtern war, und riefen dann, wie wir es laut Reisebeschreibung tun sollten, beim Reiseveranstalter vor Ort an, um ein Taxi zu bestellen, das uns zu unserer einige Kilometer auĂerhalb liegenden Unterkunft bringen sollte. Leider gestaltete sich das deutlich schwieriger als erwartet, denn alle Taxis des Ortes waren im Einsatz, so mussten wir fast anderthalb Stunden am Taxistand warten, was recht nervig war. Gegen kurz vor 18:00 Uhr kamen wir dann schlussendlich aber doch in unserem Hotel an und checkten ein. Das Hotel war ganz hĂŒbsch, von der Einrichtung her schon etwas Ă€lter, aber sauber und es war alles da, was man brauchte. Nach dem Duschen und Waschen der WĂ€sche drehte ich noch einen kurzen Erkundungsgang um die Anlage. FĂŒr den Folgetag wurde uns vorgeschlagen, dass wir direkt vom Hotel aus zum Jakobsweg laufen sollten, eine Strecke von 3 km. Dadurch wĂŒrden wir zwar 6 km vom eigentlichen Jakobsweg nicht begehen, hĂ€tten aber auch 3 km Wegstrecke gespart, was an dem morgigen, mit 28 km recht langen Tag durchaus Sinn machte, so dass wir uns fĂŒr diese Option entschieden. Um 20:00 Uhr gab es Abendessen, und das war wirklich lecker, auch sehr nett angerichtet. Insofern war es nicht schlimm, dass wir bei dem abseits gelegenen Hotel keine Restaurants als Alternativen hatten. Ich nahm als Vorspeise RĂŒhrei mit Krabben, als 2. Gang Seebarsch, zum Nachtisch Pudding (Natillas). Nach einem gemĂŒtlichen Abend haben wir erst um 23:00 Uhr das Licht ausgemacht, zumal es am nĂ€chsten Morgen FrĂŒhstĂŒck erst ab 8:00 Uhr geben sollte.
đ„Ÿ: 26,5 km
Mittwoch, 05.10.2022: Palas de Rei – ArzĂșa
Und erneut habe ich wieder herrlich geschlafen, eine sehr angenehm temperierte und ruhige Nacht bei offenem Fenster, zumal ja auch im Umkreis weit und breit kein anderes Haus zu finden war. Der Wecker ging um kurz nach 7:00 Uhr, FrĂŒhstĂŒck gab es, wie angekĂŒndigt, ab 8:00 Uhr. Zum ersten Mal gab es heute tatsĂ€chlich eine andere Sorte Marmelade auĂer den ĂŒblichen Pfirsich oder Erdbeer, nĂ€mlich Mirabelle, was fĂŒr eine Sensation! Nachdem wir uns am Vorabend ja bereits entschieden hatten, vom Hotel aus loszulaufen, starteten wir unsere Wanderung gegen 9:00 Uhr. Offensichtlich waren wir auch die Einzigen, die das so machten, denn auf den ersten 3 km sahen wir keinen einzigen Wanderer â wie schön! Es ging ĂŒber kaum befahrene LandstraĂen durch silbrig im Morgentau glĂ€nzende EukalyptuswĂ€lder, bis wir auf den Jakobsweg trafen, wo dann gleich wieder ordentlich Betrieb war. Wie auch schon in den letzten Tagen fĂŒhrte uns der Camino durch viele kleine Dörfer und Ansiedlungen, es ging immer wieder auf und ab, teilweise recht ordentlich, sodass auch wieder einige Höhenmeter zusammenkamen. Etwa zur Mittagszeit erreichten wir Melide, eine ĂŒberraschend groĂe Stadt, gefĂŒhlt fast so groĂ wie Sarria. Da wir nach dem ĂŒppigen FrĂŒhstĂŒck noch keinen gröĂeren Hunger hatten, entschieden wir uns, lediglich Churros mit dicker, heiĂer Schokolade in einem CafĂ© zu essen anstelle von Oktopus, fĂŒr den die Stadt berĂŒhmt ist, es gab hier einige sog. Pulperias. Die Churros waren aber auch wirklich lecker! AnschlieĂend ging der Weg weiter, die Steigungen bzw. abschĂŒssigen Wegstrecken nahmen gefĂŒhlt eher noch zu, vielleicht lag dieses aber auch nur daran, dass man naturgemÀà im Laufe des Tages zunehmend etwas erschöpfter wurde. Kulturelle SehenswĂŒrdigkeiten gab es auch heute nicht viele, wirklich schön waren jedoch die Malereien in der romanischen Kirche Santa Maria von Melide, darĂŒber hinaus gab es auch Ă€hnliche Fresken in einer Kirche zuvor am Weg in O Leboreiro. Wie schon erwĂ€hnt waren auch heute wieder viele Menschen unterwegs, es kam mir aber nicht mehr ganz so schlimm vor, entweder verteilte es sich besser auf der Strecke oder man hatte sich langsam schon an die Massen gewöhnt. Dennoch gab es aber kaum Phasen, an denen man nicht irgendwo vor oder hinter sich andere Pilger sah. Einmal gab es einen Alternativweg, der auch ausgeschildert war, den aber kaum jemand nahm. Wir machten das, und das war auch sehr schön, fĂŒr zwei Kilometer waren wir ganz allein in der grĂŒnen Landschaft Galiziens. Vormittags war es sehr lange sehr neblig, bis der Nebel aufriss, dauerte es eine ganze Zeit. Danach hatten wir ein paar Stunden Sonne und blauen Himmel bei angenehmen Temperaturen, bis es aber etwa gegen 15 Uhr zu nieseln anfing, nicht viel, aber doch ein bisschen unangenehm. Gegen Ende des Tages lieĂen auch unsere KrĂ€fte ein wenig nach, so dass wir froh waren, als wir endlich gegen 16:45 Uhr unser Hotel erreichten. Der Empfang war freundlich, das Zimmer einfach, aber okay. Es verfĂŒgte sogar ĂŒber eine relativ groĂe Terrasse, schade, dass wir diese erste, private Terrasse des Urlaubs gerade heute bei Regenwetter nicht nutzen konnten, ansonsten hĂ€tte man hier schön in der Nachmittagssonne sitzen und seine WĂ€sche trocknen können! Das WĂ€schwaschen musste ich natĂŒrlich trotzdem erledigen und hoffte darauf, dass die Teile auch bis zum nĂ€chsten Tag zumindest halbwegs trocken werden. Gegen 19:30 Uhr machten wir uns auf den Weg in die Stadt zum Essen, was doch noch mal ein etwas lĂ€ngerer Weg von fast einem Kilometer pro Strecke war, denn das Hotel lag recht weit auĂerhalb. Schon beim Ankommen hatte ich den Eindruck, dass ArzĂșa keine wirklich schöne Stadt war, das sah auch jetzt auf dem Weg zum Abendessen wieder so aus. Ăberhaupt waren die StĂ€dte auf dem letzten TeilstĂŒck des Jakobswegs hier in Galizien nicht wirklich pittoresk im Gegensatz zu vielen anderen StĂ€dten zuvor mit hĂŒbscher Innenstadt. Wirklich nett waren hier lediglich die kleinen Dörfer zwischendurch und natĂŒrlich die herrliche Landschaft. Wir fanden ein Lokal in der HauptstraĂe, wo wir ein ganz leckeres MenĂŒ vertilgten, Kostenpunkt wieder 12 ⏠pro Person. Bis wir zurĂŒck im Hotel waren, war es schon fast 22:00 Uhr, so dass wir auch nicht mehr lange wach bleiben. Der Regen hatte zum GlĂŒck aufgehört, daher sind wir bei unserem Spaziergang in die Innenstadt von ArzĂșa zum GlĂŒck zumindest trocken geblieben.
đ„Ÿ: 26,5 km
Donnerstag, 06.10.2022: ArzĂșa – O Pedrouzo
Abends sind wir rasch eingeschlafen, auch diese Nacht war wieder sehr angenehm unter mollig warmen Bettdecken, unter denen man nicht schwitzte – sehr schön! Die Nachbarn standen um 6:30 Uhr auf, bei den dĂŒnnen WĂ€nden hörte man den Wecker leider auch bei uns. Um kurz vor 8:00 Uhr waren wir mit allem fertig und warteten auf der StraĂe auf unseren Taxidienst, der uns zum FrĂŒhstĂŒck in die Stadt bringen sollte, denn das Hotel bot kein FrĂŒhstĂŒck an, daher wurden wir dafĂŒr in die Stadt gebracht. Das Taxi kam pĂŒnktlich und setzte uns am Hauptplatz in ArzĂșa ab, wo wir ein eher ĂŒberschaubares FrĂŒhstĂŒck in einem CafĂ© erhielten, bestehend aus einem groĂen Schokocroissant, einem Kaffee und einem Orangensaft, mehr nicht. Qualitativ sicher besser als zuletzt in den Hotels, was Menge und Auswahl anbelangt allerdings deutlich weniger. Trotzdem genossen wir es und machten uns gestĂ€rkt gegen 8:30 Uhr auf den Weg. Heute hatten wir nur 20 km vor uns, morgens herrschte noch extrem viel Betrieb, im Laufe des Tages verliefen sich die Massen zum GlĂŒck aber, so dass die AbstĂ€nde zwischen den Wanderern wieder gröĂer wurden. Dennoch gingen die Menschenmengen mir hier zunehmend auf den Geist. Sicher soll jeder so pilgern, wie er mag, aber bei vielen hat man schon den Eindruck, dass das hier eher Event-Charakter hat, der eigentliche Geist des Pilgerns fehlt da doch ein wenig. Sicherlich bin auch ich nicht mit derselben âfrommenâ Intention hier unterwegs wie die Leute im Mittelalter, aber etwas anderes als einfach nur irgendeine Wanderung ist das hier fĂŒr mich doch schon. Sowohl von der Natur her, als auch von der WegfĂŒhrung hat uns beiden die heutige Etappe wieder besser gefallen als die vom Vortag. Man lief nicht so viel unmittelbar an der LandstraĂe entlang und auch die Landschaft war freundlicher und abwechslungsreicher. Etwa auf der HĂ€lfte der Strecke legten wir eine Pause ein und stĂ€rken uns mit herzhaften Bocadillos, um das etwas spĂ€rliche FrĂŒhstĂŒck wieder auszugleichen. Gegen 15:00 Uhr erreichten wir unsere schöne Unterkunft in O Pedrouzo in einem alten Haus mit schickem Anbau, in dem auch unser Zimmer lag. Nachdem wir unsere Koffer dort abgestellt hatten, gönnten wir uns erst einmal eine Sangria im Garten der Unterkunft, die ausgesprochen lecker war, ehe wir duschten und ich ein letztes Mal meine WĂ€sche wusch. GrundsĂ€tzlich wĂ€re das nicht mehr nötig gewesen, aber ich wollte zur Sicherheit noch ein sauberes Ersatzset Kleidung dabei haben. Zum Abendessen ging es zurĂŒck in den Ort, denn unsere Unterkunft lag auch hier wieder etwas auĂerhalb, zum GlĂŒck aber nicht ganz so weit wie in ArzĂșa, auĂerdem war das Wetter heute besser. Wir kauften erst noch ein paar Mitbringsel fĂŒr zuhause ein, danach suchten wir eines der diversen Lokale an der HauptstraĂe zum Essen aus. Da ich gerne hier in Galizien doch noch einmal die lokale SpezialitĂ€t Pulpo (Oktopus) essen wollte, fiel die Wahl auf ein Lokal, dass das anbot. Im TouristenmenĂŒ war Pulpo natĂŒrlich nie enthalten, deshalb musste ich etwas teurer Ă la carte essen. Ich entschied mich fĂŒr Pulpo vom Grill, der war auch ganz lecker, wenn auch, wie Mahlzeiten hier des öfteren, mit ziemlich viel Olivenöl getrĂ€nkt. Zum Abschluss gab es noch einen galizischen KrĂ€uterlikör auf Eis, ehe wir den Weg zurĂŒck in unsere Unterkunft antraten. Morgen soll dann schon der letzte Wandertag sein, das Ziel Santiago lag unmittelbar vor mir nach fast 5 Wochen!
đ„Ÿ: 20,3 km
Freitag, 07.10.2022: O Pedrouzo – Santiago de Compostela
FrĂŒhstĂŒck sollte es heute ab 7:00 Uhr geben, als wir pĂŒnktlich eintrafen, war noch nicht alles fertig, ca 10 Minuten mussten wir noch warten, dann gab es, wie ĂŒblich, Kaffee, Orangensaft und Tostada. Na gut, besser als nichts… Wir kamen daher recht frĂŒh los, das machte sich heute auch insofern positiv bemerkbar, als dass bei unserem Aufbruch deutlich weniger Betrieb war als an den Tagen zuvor. Es waren fast nur Individualwanderer unterwegs, noch keine organisierten Gruppen oder Ă€hnliches, was sehr angenehm war. Es war allerdings auch noch ziemlich finster, als wir losliefen. In der Stadt ging das noch beim Licht der StraĂenlaternen, im Wald war es ohne Taschenlampe dann schon schwieriger. Zum GlĂŒck hatten wir aber vor oder hinter uns immer Leute, die den Weg erhellten, wenn auch in einiger Entfernung, aber so konnten wir uns wenigstens einigermaĂen orientieren. Ab 8:15 Uhr etwa wurde es langsam heller, es dĂ€mmerte, das Laufen war dann kein Problem mehr. Wir kamen zĂŒgig voran, der Weg war Ă€hnlich wie auch am Vortag durchaus recht schön, abseits der LandstraĂe ging es durch die Landschaft. Wir passierten den Flughafen und erreichten dann Lavacolla, wo Thomas nach seiner Ankunft mit dem Flugzeug die erste Nacht in Spanien verbracht hatte und wo wir jetzt auf einen Kaffee einkehrten. Weiter ging es, stetig bergauf auf den Monte do Gozo. Oben holte ich mir den letzten Stempel fĂŒr meinen 2. Pilgerpass, denn damit war auch der jetzt voll! Weit in der Ferne erblickten wir dort zum ersten Mal die TĂŒrme der Kathedrale von Santiago, dem ersehnten Ziel. Auch wenn die im Gewirr der VorstadtdĂ€cher ein wenig untergingen, stellte sich doch ein tolles GefĂŒhl ein. Ich hatte mir den ersten Eindruck von Santiago noch ein bisschen spektakulĂ€rer vorgestellt, aber so ist das halt manchmal, wenn die RealitĂ€t die Fantasie schlĂ€gt. Es folgte der Abstieg vom Berg, vorbei an den unheimlich groĂen Anlagen der hiesigen Pilgerherberge, hinab nach Santiago. Wie ĂŒblich zog sich der Weg in die Stadt hinein ziemlich, war hier aber irgendwie doch etwas abwechslungsreicher als in Burgos oder Leon. Vielleicht lag das allerdings auch nur an der wachsenden Vorfreude auf die Ankunft. Die letzten Meter auf den Platz vor der Kathedrale waren dann dementsprechend etwas ganz Besonderes. Ich/wir hatten es endlich geschafft, nach 800 bzw. 115 Kilometern! Nach einem ersten Blick auf die Kathedrale liefen wir dann aber erstmal weiter zum PilgerbĂŒro, denn da ich nicht wusste, wie lange man dort auf die Pilgerurkunde warten muss, wollte ich mich das erstmal erledigen. Wir konnten aber nach nur 30 Minuten Warten unsere Urkunden schon in Empfang nehmen, das war gut organisiert.
đ„Ÿ: 20,5 km
Danach, wir hatten inzwischen groĂen Hunger, gab es erst einmal etwas zu essen. Hierzu suchten wir ein Lokal in der NĂ€he der Markthalle auf, wo die Preise nicht ganz so hoch sein sollten, und gönnten uns dort leckere Tapas. AnschlieĂend ging es zurĂŒck auf den Platz vor der Kathedrale, um noch einmal die AtmosphĂ€re dort in uns aufzunehmen, unsere Ankunft zu feiern und natĂŒrlich auch im Foto zu dokumentieren, zumal jetzt die Sonne herum gewandert war und die Westfront nicht mehr im Schatten lag. SchlieĂlich suchten wir unser Hotel auf, das etwas auĂerhalb der Innenstadt, aber doch noch recht gĂŒnstig gelegen war. Hier machten wir uns kurz frisch, ehe wir das Hotel gegen 17:00 Uhr wieder verlieĂen, da um 17:30 Uhr unsere StadtfĂŒhrung an der Kathedrale starten sollte, die im Preis der gebuchten Pauschalreise mit enthalten war. Die FĂŒhrung war durchaus kurzweilig und interessant, dennoch mussten wir sie leider vorzeitig gegen 18:30 Uhr verlassen, um uns in die Schlange zur Pilgermesse anzustellen. Als wir an der Kathedrale ankamen, war die Schlange schon ganz schön lang, spĂ€ter wurde sie nahezu endlos, reichte einmal um die halbe Kathedrale herum! Da wir aber frĂŒh da waren, bekamen wir auch noch einen schönen Sitzplatz im Seitenschiff mit guter Sicht. Die gesamte Messe war auf Spanisch, verstanden habe ich nicht viel, aber trotzdem war es eine schöne AtmosphĂ€re, auch wenn leider nicht, wie erhofft, der Weihrauchkessel, der sog. âbotafumeiroâ in Aktion gesetzt wurde. Im Internet stand zwar an manchen Stellen, dass das bei der Pilgermesse am Freitag der Fall sein soll, das war aber wohl offensichtlich ein Fehlinformation – schade! Nach dem Gottesdienst suchten wir uns ein Lokal zum Abendessen aus, denn es sollte ja ein wĂŒrdiges âAbschiedsessenâ werden. FĂŒndig wurden wir in der Bar âCoruñaâ, wo wir jeder zwei Raciones aĂen, fĂŒr mich gab es Muscheln und Calamares, dazu gab es einen leckeren Wein aus der Region Rias Baixas. AnschlieĂend drehten wir noch eine letzte Runde um die jetzt illuminierte Kathedrale. Auf dem Platz davor spielte eine Combo spanische und mexikanische Weisen, sorgte so fĂŒr ordentlich Stimmung, eine nette und lockere AtmosphĂ€re herrschte dort. Alles in allem zog sich der Abend noch lange hin, da es so schön war, vermutlich wollten wir einfach nicht wahr haben, dass der Urlaub bald vorbei sein sollte. So waren wir erst nach 23 Uhr wieder im Hotel und löschten erst kurz vor Mitternacht das Licht.
Samstag, 08.10.2022: Santiago de Compostela und RĂŒckflug
Der letzte Urlaubstag brach an! Schon lange lag der Beginn des Urlaubs zurĂŒck, und doch konnte ich kaum glauben, dass die fĂŒnf Wochen auf dem Jakobsweg bereits zu Ende waren! Gerade die letzten Tage zusammen mit Thomas gingen sehr schnell rum. Wir hatten jetzt noch einen Vormittag Zeit, den wir in Santiago verbringen konnten, ehe wir am frĂŒhen Nachmittag Richtung Flughafen aufbrechen mussten. Das FrĂŒhstĂŒck im Hotel war sehr gut, viel frisches Obst, Wurst, KĂ€se, lediglich warme Speisen wie RĂŒhrei oder Speck fehlten, ansonsten war alles da. Beim Auschecken deponierten wir die Koffer an der Rezeption und spazierten dann wieder in die Innenstadt fĂŒr eine letzte Runde. Um die frĂŒhe Uhrzeit, gegen 9:30 Uhr, war noch nicht viel los. Unser erster Weg fĂŒhrte uns in Richtung Markthalle, die, wie Markthallen hĂ€ufig, viel fĂŒrs Auge bot, gerade die Fisch- und GemĂŒseabteilungen. Danach lieĂen wir uns weiter durch die Innenstadt treiben. So erreichten wir schlieĂlich wieder die Kathedrale, wo wir noch das Grab des heiligen Jakob besichtigen wollten. Dazu konnten wir durch die Pforte der Vergebung gehen, da auch 2022 ein Heiliges Jahr war. Eigentlich wĂ€re das schon 2021 gewesen, aber da wegen Corona nicht alle Pilger anreisen konnten, hat der Papst das Heilige Jahr einfach mal verlĂ€ngert. Wie gut fĂŒr uns! Als wir eintrafen, wartete niemand davor, wir konnten sofort eintreten. Zumindest mir war das erlaubt, Thomas musste wegen seines Rucksacks drauĂen bleiben, obwohl der wirklich nicht groĂ war, aber RucksĂ€cke waren hier verboten. Die TĂŒr zum Grab war erst auch noch verschlossen, als ich eintrat, vermutlich, da der Gottesdienst gerade noch lief, wurde dann aber direkt geöffnet, so dass ich einer der ersten war, der davor standen, es gab noch keine Schlange. Das war sehr angenehm und auch angemessen, aber auch hier ĂŒberkam mich wieder ein eigenartiges GefĂŒhl. Einerseits war es ein Grab in einer Krypta wie viele andere auch, die ich schon gesehen hatte, aber trotzdem war es hier etwas Besonderes, das Ziel von Millionen von Pilgern auf dem Jakobsweg in den letzten Jahrhunderten und jetzt auch von mir. Nachdem ich wieder drauĂen war, nahm ich Thomas‘ Rucksack, so dass er auch noch hineingehen konnte, um sich das Grab anzuschauen. AnschlieĂend besichtigen wir beide in Ruhe noch einmal die Kathedrale selbst, die man durch einen anderen Eingang betrat, denn das war ja wĂ€hrend des Gottesdienstes am Vortag nicht möglich. Allerdings war es jetzt deutlich unruhiger und weniger feierlich als gestern! Neben dem Hauptschiff und dem Altar war eine direkt anschlieĂende, prĂ€romanische Kapelle auch recht hĂŒbsch, die interessanterweise eine eigene Pfarrei darstellte. auch, wenn sie rĂ€umlich komplett in die Kathedrale integriert war. Beim Verlassen der Kathedrale hatte sich mittlerweile an der Pforte der Vergebung schon wieder eine lange Schlange gebildet, da hatten wir offensichtlich gerade GlĂŒck mit dem Zeitpunkt unseres Eintreffens! Wir liefen noch einmal ĂŒber die Praza do Obradoiro, den Platz vor der Kathedrale, genossen ein letztes Mal die AtmosphĂ€re dort und machten dann einen Spaziergang zum Stadtpark auf einem HĂŒgel auf der anderen Seite des Tales, von wo aus man einen wirklich schönen Blick auf die Kathedrale und ĂŒber die DĂ€cher der Altstadt hatte. Danach ging es wieder zurĂŒck bis zu einem Lokal in der NĂ€he unseres Hotels, das wir uns am Vorabend ausgeguckt hatten und wo wir zu Mittag Tapas aĂen. Hier funktionierte das ganz praktisch, ohne SprachverstĂ€ndigungsschwierigkeiten, denn man nahm sich von den bereitgestellten Tapas einfach die, die man wollte und zahlte hinterher anhand der StĂ€bchen auf dem Teller, Ă€hnlich wie beim japanischen Sushi. Das Essen war auch wieder ganz lecker, dazu gab es einen letzten Tinto de Verano. Wir besorgten uns anschlieĂend in einem Supermarkt nebenan noch ein wenig Verpflegung fĂŒr den RĂŒckflug, gingen dann zum Hotel, holten unsere Koffer ab und liefen mit diesen zur nahegelegenen Bushaltestelle. Etwa 10 Minuten mussten wir auf den Bus warten, der uns dann fĂŒr 1 Euro pro Person in geschĂ€tzt etwas ĂŒber einer halben Stunde zum Flughafen brachte. Viele Leute mit GepĂ€ck waren in dem Bus, er war ganz schön voll! Etwa zweieinhalb Stunden vor Abflug waren wir am Flughafen, konnten nach kurzer Wartezeit einchecken und verbrachten die restliche Zeit hinter der Sicherheitskontrolle am Gate. Unser Flieger kam ca. 15 Minuten zu spĂ€t aus Frankfurt-Hahn an, mit ebenfalls 15 Minuten VerspĂ€tung starteten wir um kurz nach 18 Uhr wieder zurĂŒck gen Heimat. Der Flug ging erstmal Richtung Norden, man sah Santiago zur Linken, allerdings nur undeutlich und im Gegenlicht, ein letztes Foto aus der Luft war da leider nicht möglich. Etwas schöner war der Blick auf La Coruña und die dortige Bucht, ehe wir kurze Zeit spĂ€ter schon ĂŒber der Biskaya waren. Bei Nantes trafen wir wieder auf die französische KĂŒste und ĂŒber Paris und vorbei an Luxemburg landeten wir gegen 20:30 Uhr in Frankfurt-Hahn. Das Ausladen des GepĂ€cks dauerte dort etwas lĂ€nger, und nachdem wir unseren Rucksack bzw. Koffer erhalten hatten, mussten wir noch ca. 800 m bis zum Parkplatz laufen, wo unser Auto unversehrt und wohlbehalten stand. Es sprang netterweise auch sofort an und brachte uns schnell und sicher nach Hause, wo wir um kurz vor Mitternacht eintrafen. Ich war recht mĂŒde, so dass ich tatsĂ€chlich fĂŒr ca. 15 Minuten im Auto einmal wegnickte. Daher war ich froh, dass Thomas die Fahrt durch die Dunkelheit nichts ausmachte. Nach einem langen Tag stellten wir erstmal nur unsere Koffer ab und gingen rasch ins Bett, alles weitere wurde auf die nĂ€chsten Tage verschoben. Die Heimat hatte mich wieder!
Und weiter …
Nach ĂŒber 800 km hatte ich aber immer noch nicht genug vom Jakobsweg. Deshalb ging es schon bald nach meiner RĂŒckkehr weiter. Zuhause, in NRW. Denn auch hier gibt es Jakobswege…