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Kastilien 2

Montag, 19.09.2022: Castrojeriz – FrĂłmista

Die Nacht war wieder nur mĂ€ĂŸig angenehm. Anfangs war der Raum ganz gut temperiert, mitten in der Nacht habe ich aber doch ziemlich geschwitzt, dadurch unruhig geschlafen, aber das kann natĂŒrlich auch an meinem Kunstfaserschlafsack gelegen haben. Aufgestanden bin ich gegen 6:00 Uhr, habe mich fertig gemacht, mittlerweile waren auch alle anderen MitschlĂ€fer wach. Um 7:30 Uhr gab es FrĂŒhstĂŒck: ein HeißgetrĂ€nk, dazu Brot, Marmelade, Cornflakes, Haferflocken, Milch und O-Saft, so viel man will. Losgegangen bin ich kurz nach 7:00 Uhr. Wieder mal war es noch dunkel, wurde dann mit der Zeit aber langsam heller. Außerdem zog sich der Weg durch den Ort ziemlich lang hin. Das hatte immerhin den Vorteil, dass es hell wurde, als ich Castrojeriz schließlich verließ und ich nicht im Dunkeln durch die Felder stolpern musste, die Straßen im Ort waren ja wenigstens beleuchtet. Es folgte ein recht steiler Aufstieg auf den benachbarten HĂŒgel, im RĂŒckblick hatte man von dort eine tolle Aussicht auf den Ort und die direkt hinter dem Kastell ĂŒber Castrojeriz aufgehende Sonne. Danach folgten die ĂŒblichen, langen Strecken ĂŒber geschotterte bzw. befestigte Feldwege der Meseta, unterbrochen nur von wenigen Orten in recht großen AbstĂ€nden. Man muss auch sagen, dass heute keiner der Orte, durch die ich durchging, wirklich attraktiv war, da war Castrojeriz noch mit Abstand der schönste, auch schöner als mein Endziel Fromista, das ich nach knapp 6 Stunden erreichte. Zur Abwechslung gab es gelegentlich ein paar schöne Fernblicke, da die Strecke auch weiterhin nicht so flach war, wie ich mir das bei der Meseta vorgestellt hatte, sondern durchaus langgezogen hĂŒgelig. Besonders schön fand ich vor allem das letzte StĂŒck bis Fromista, das immer am Kanal von Kastilien entlang fĂŒhrte, das fĂŒhlte sich fast ein bisschen so an wie am Rhein-Herne-Kanal bei uns zu Hause! Durch die BĂ€ume am Ufer gab es sogar ein wenig Schatten, was bei der Hitze des Tages sehr angenehm war. Unterwegs fuhr auch das Ausflugsboot auf dem Kanal heute hier entlang und war sogar randvoll besetzt. In den Ortschaften, durch die ich kam, fiel mir auf, dass nirgends ein CafĂ© Bestuhlung vor der TĂŒr hatte, weder am Kirchplatz noch sonst wo. Dadurch verlockte mich, ehrlich gesagt, auch nichts wirklich zur Einkehr. Umso froher war ich, als ich bei der Ankunft in Fromista an einem Supermarkt vorbei kam, bei dem ich mich mit einer gekĂŒhlten Dose Zitronenlimo eindecken konnte. Einchecken in der Albergue war erst ab 13:30 Uhr möglich, das ganze lief ein wenig chaotisch ab, die Zimmer waren auch nicht so doll, recht alt, nur eine Herrentoilette und zwei Herrenduschen auf der ganzen Etage, naja, man kann nicht alles haben. Da ich mittlerweile großen Hunger hatte, ging ich in eine Bar am Hauptplatz, um etwas zu Essen zu bestellen. TatsĂ€chlich gab es aber nur Pizza, und die war auch noch tiefgefroren, dafĂŒr recht teuer mit 10 €, egal, der Hunger trieb’s rein. Anschließend habe ich ein wenig die Zeit vertrödelt, es war schließlich wieder Siesta. Gegen 16:30 Uhr öffnete die Kirche St. Martin, und die wollte ich noch unbedingt besichtigen, da sie eine der schönsten romanischen Kirchen an der Strecke sein sollte. TatsĂ€chlich hat sich der Besuch auch wirklich gelohnt. Zwar war vor allem das Innere sehr schlicht, die zahlreichen Kapitelle und die figĂŒrlichen oder ornamentalen Verzierungen innen und außen waren aber im ĂŒberwiegenden Teil außerordentlich gut erhalten und unbedingt sehenswert. Zum Abendessen habe ich mich noch einmal mit zwei Pilgerbekanntschaften verabredet. Nach dem Debakel mit der Pizza am Mittag suchten wir ein etwas abseits gelegenes Lokal aus, in der NĂ€he meiner Herberge, das ein PilgermenĂŒ fĂŒr 16 € anbot. Ich hatte LinsengemĂŒse als Vorspeise, als zweiten Gang sehr leckere Salsiccias (oder so Ă€hnlich, also WĂŒrstchen mit viel Knoblauch!) und dazu Pommes. Zum Nachtisch gab es ein Eis, außerdem natĂŒrlich, wie ĂŒblich, Wein und Wasser zum Essen. Das Ganze war echt lecker und hat sich daher mal wirklich gelohnt!

đŸ„Ÿ: 27,6 km

Dienstag, 20.09.2022: FrĂłmista – Calzadilla de la Cueza

Wider Erwarten habe ich in der Nacht recht gut geschlafen, obwohl unter mir ein extremer Schnarcher lag. Ich habe deshalb aber schon am Vorabend zum ersten Mal in diesem Urlaub die Ohrstöpsel benutzt, die offensichtlich zumindest einigermaßen guten Dienst geleistet haben, auch wenn sie das Schnarchen natĂŒrlich nicht komplett ausblenden konnten. Der erste Wecker ging um 5:45 Uhr, ab da war ich wach. Wegen des Schnarchens war mir dann ein Weiterschlafen nicht mehr möglich, so dass ich beschloss, noch im Dunkeln meine Sachen zu packen und frĂŒh loszugehen. Das war aber nicht so schlimm, denn die meisten waren mittlerweile eh schon auf. Um kurz nach 6:30 Uhr verließ ich die Herberge, wollte eigentlich in einer der Bars des Ortes frĂŒhstĂŒcken, die nach Auskunft ist Herbergsvaters um 6:30 Uhr öffnen sollten. Leider war das aber eine Fehlinformation, es gab nirgends etwas zu essen, ich konnte lediglich eine Banane verdrĂŒcken, die ich noch vom Vortag hatte, und musste erstmal loswandern. NatĂŒrlich war es um diese Zeit noch ziemlich dunkel, wir hatten schon fast Neumond, ich selbst keine Stirnlampe. Insofern machte ich mir schon Sorgen, wie das Gehen im Dunkeln klappen soll. Zum GlĂŒck war der Weg aber einigermaßen gut zu erkennen. Er verlief durchgĂ€ngig parallel zur Landstraße, war also auch landschaftlich nicht besonders attraktiv, daher war die Dunkelheit nicht so schlimm. Auch war er fein geschottert und deshalb ohne grĂ¶ĂŸere Stolpergefahr. Im nĂ€chsten Ort hatte die Bar leider auch noch nicht geöffnet, obwohl es mittlerweile schon nach 7:00 Uhr war. Erst im dritten Ort wurde ich zusammen mit einigen anderen Pilgern fĂŒndig, es gab einen Milchkaffee und ein paar eingeschweißte Kuchen, die aber durchaus ganz akzeptabel und saftig waren. Es hĂ€tte kurz hinter Fromista noch eine landschaftlich wohl schönere Alternative zum eigentichen Jakobsweg gegeben, allerdings ohne Ortschaften, durch die man durchkam, und da ich ja noch ein FrĂŒhstĂŒckslokal suchen musste, konnte ich diese Option nicht nehmen, was ich sonst gern getan hĂ€tte. Der weitere Weg verlief dann leider fortgesetzt parallel schnurgeradeaus zur Landstraße, der Untergrund hielt sich, so konnte ich zumindest gut „Strecke machen“. Viele Fotomotive gab es nicht, das gab die Monotonie der Landschaft auf Dauer nicht her. Verkehr herrschte frĂŒh morgens noch fast gar nicht. Im Laufe des Tages nahm dieser zwar etwas zu, hielt sich aber noch im Rahmen. Im nĂ€chsten Ort Villalcazar warf ich kurz einen Blick auf die sĂŒdliche Vorhalle der Festungskirche des Templerordens, die mit eindrucksvollen Figuren am Portal geschmĂŒckt war, wenn auch nicht ganz so ausgefallen wie in der Kirche in St. Martin in FrĂłmista. Leider fehlte mir immer noch die endgĂŒltige BestĂ€tigung meiner Unterkunftsbuchung fĂŒr die folgende Nacht, was mir zunehmend ein wenig Sorgen bereitete, denn da ging ich mit meinen Vorabbuchungen ja lieber auf Nummer Sicher. Deshalb versuchte ich mich dann doch mal mit einem Telefonat, um sicherzugehen, dass meine Übernachtung auch klappen wĂŒrde. Halb Englisch, halb Spanisch schien man mir zu bestĂ€tigen, dass meine Reservierung vermerkt sei – ich hoffte mal, dass alles klappen wĂŒrde! Gegen 11:00 Uhr traf ich in Carrion de los Condes ein, ein lebhafter Ort, man sieht deutlich, dass es offensichtlich die Metropole fĂŒr die umliegenden Dörfer ist, auch wenn der Ort selbst nur etwas mehr als 2000 Einwohner hat, aber an einem Wochentag vormittags war doch relativ viel los. Abgesehen von einigen Kirchen gab es keine sonstigen, großartig sehenswerten Bauwerke, der Ort fiel einfach durch seine Lebendigkeit auf, wirkte nicht so ausgestorben wie einige der bisherigen. In einer Bar am Weg habe ich ein Bocadillo mit KĂ€se gegessen, KĂ€se lecker, Brötchen nicht. Milchkaffee und frisch gepresster Orangensaft gehörten natĂŒrlich wieder dazu. Danach brach ich auf, stockte meinen Wasservorrat noch einmal auf zwei Liter auf und macht mich dann auf den Weg zur “Hammeretappe”, 17 km schnurgeradeaus ohne eine zwischenzeitliche Siedlung und mit nur sehr wenig BĂ€umen bzw. StrĂ€uchern. Da alles flach war, war es konditionell nicht wirklich fordernd, mental dann schon eher. Beim Weg aus dem Ort heraus passierte ich noch eine schöne steinerne BrĂŒcke und das monumentale Kloster San Zoilo, heute ein 4 Sterne-Hotel, bevor dann die lange Etappe begann. AuffĂ€llig war, dass man im ersten Drittel des Wegs sowohl die Straße, als auch den parallel dazu verlaufenden Wanderweg offensichtlich komplett neu gemacht hat. Der Weg ließ sich super gehen, war prima geschottert. Man hatte auch jede Menge BĂ€ume am Straßenrand gepflanzt, vermutlich in der Hoffnung, dass diese ein bisschen Schatten spenden, wenn sie erst mal grĂ¶ĂŸer sind. Sogar einen Rastplatz hatte man aufgebaut, wobei dieser aber immer, wie hier in Spanien so oft, mitten in der prallen Sonne stand. Das verstehe ich irgendwie auch nicht, wo doch jeder Schatten sucht! Nach etwa 6 km bog die Straße ab und der Wanderweg fĂŒhrte als breiter, immer noch geschotterter Fußweg weiter. Ganz anders, als ich mir das gedacht hatte, war er aber zumindest anfangs durchaus schattig, rechts und links standen nicht wenige BĂ€ume, so dass das Gehen viel angenehmer war als befĂŒrchtet. Nach etwas mehr als einem Drittel der Strecke tauchte dann auch tatsĂ€chlich ein erster Foodtruck auf, bei dem vermutlich jeder, der hier vorbeikommt, einkehrt, um der Monotonie des Weges zu entfliehen und da man mittlerweile doch Durst hat. FĂŒr akzeptable 2,20 € trank auch ich daher eine Cola bei dem netten VerkĂ€ufer. Danach ging es weiter, fortgesetzt auf Schotterwegen, wobei die BĂ€ume ab hier jetzt allerdings deutlich nachließen, mittlerweile ging es fast nur noch durch offenes Feld. Die Sonne knallte vom strahlend blauen Himmel, die Temperaturen waren zum GlĂŒck aber noch eingermaßen ertrĂ€glich, es war nicht so, dass mir der Schweiß im Gesicht stand. Gelegentlich, wenn auch nicht zu oft, wehte sogar ein leichter Windhauch. Das schönste an dem Weg war, dass, wie ich das erhofft hatte, heute Nachmittag kaum Menschen unterwegs waren, die Wanderer, die mir begegneten, konnte ich quasi an einer Hand abzĂ€hlen. Etwas stĂ€rker unterwegs, wenn auch höchstens doppelt so viele, waren allenfalls noch Radpilger, die die Strecke natĂŒrlich auch zĂŒgiger bewĂ€ltigten. Morgens soll hier deutlich mehr los sein, wie mir der VerkĂ€ufer am Foodtruck sagte, denn viele Pilger ĂŒbernachten in Carrion de los Condes und bewĂ€ltigen dann morgens als erstes diese Etappe. Nachmittags, zu der Zeit, als ich hier entlang lief, war deutlich weniger los. Gerade die letzten Kilometer zogen sich noch mal ziemlich durch das offene Land, den Ort Calzedilla de la Cueza, mein Ziel, sah man erst im allerletzten Moment, etwas eher lediglich die außerhalb liegende Friedhofskapelle, so dass man aber schon so ungefĂ€hr wusste, wo man hin muss. Ab meiner Pause beim Foodtruck machte sich leider wieder mein rechtes Schienbein bemerkbar, ziemlich Ă€rgerlich, die letzten Meter hatte ich das GefĂŒhl, ein wenig zu humpeln, obwohl ich mir extra vorgenommen hatte, mit dem Tempo heute nicht ĂŒbertreiben wollte. Letztlich kam ich aber doch gut und noch vor der geplanten Zeit, um 15:45 Uhr, an meinem Ziel an. Ich konnte in der Herberge einchecken, meine Reservierung war zum GlĂŒck vermerkt. Die Herberge war mit 18 € die teuerste bisher, von der Ausstattung her allerdings auch die beste. Dreibettzimmer, frische BettwĂ€sche und sogar ein Frotteehandtuch, da kann man nicht meckern. Wie ĂŒblich duschte ich, wusch meine WĂ€sche, die im Hof in wenigen Stunden trocknete und machte dann ein wenig Email-Post und BuchfĂŒhrung. Gegen 19 Uhr ging ich zum Abendessen, es gab Salat, als Hauptgericht Kalb mit Papas arrugadas, wobei diese in Scheiben geschnitten waren und etwas grĂ¶ĂŸer als auf den Kanaren. Die Mojosauce war aber ganz lecker und schmeckte auch recht authentisch. Danach drehte ich noch eine kleine Runde durch den Ort, der, ehrlich gesagt, ziemlich nichtssagend war, ehe ich mich aufs Zimmer zurĂŒckgezog.

đŸ„Ÿ: 38,0 km

Mittwoch, 21.09.2022: Calzadilla de la Cueza – SahagĂșn

Aufgrund der Ruhe des Ortes und auch meiner zwei sehr ruhigen MitschlĂ€fer habe ich herrlich geschlafen. Die Temperaturen waren angenehm, in den Morgenstunden schon ein wenig kĂŒhl. Meine MitschlĂ€ferin sagte gestern abend schon, sie wolle sehr frĂŒh los, tatsĂ€chlich fast hörte ich auch sehr frĂŒh von ihr ein Rascheln, aber nach weniger als 5 Minuten war sie schon raus aus dem Zimmer, so eine rĂŒcksichtsvolle Wandererin hatte ich bisher noch nie! Der Herr in meinem Zimmer schlief etwas lĂ€nger, kramte auch deutlich lĂ€nger in seinen Sachen herum, bis er endlich ging. Als ich dann ca. eine halbe Stunde spĂ€ter selbst zum Waschen runter ging, saß er allerdings immer noch seelenruhig vor seinem FrĂŒhstĂŒck. Da hĂ€tte er sich das endlose Kramen in den Sachen vorhin auch sparen und spĂ€ter packen können, nach dem FrĂŒhstĂŒck! Naja, die Menschen sind halt unterschiedlich. Ich selbst frĂŒhstĂŒckte gegen 8:00 Uhr und machte mich dann auch wenig spĂ€ter auf den Weg. Abgesehen von meinem Abmarsch aus Burgos, der wegen der Busfahrt nicht frĂŒher möglich war, bin ich bisher noch nie so spĂ€t los gekommen! War aber auch mal ganz schön, die meisten Wanderer waren schon weg, ich war fast alleine unterwegs. Seit Burgos bin ich ĂŒbrigens morgens an allen Tagen mit der Fleecejacke, denn es war mittlerweile doch recht frisch, bevor die Sonne aufging, die Temperaturen durchaus im einstelligen Bereich. DarĂŒber hinaus merkt man, dass die Sonne immer spĂ€ter am Morgen aufgeht, einerseits, da das Jahr voranschreitet, andererseits, da man sich immer weiter gen Westen bewegt. Die Strecke war alles in allem mĂ€ĂŸig abwechslungsreich. Anfangs ging es ein kurzes StĂŒck an der Straße entlang, das war noch okay, zumal da noch nicht so viel Verkehr herrschte. Gegen Ende, auf SahagĂșn zu, folgten dann wieder lĂ€ngere StĂŒcke an der Straße mit jetzt auch mehr Verkehr, weniger schön. Dazwischen ging es aber ruhig und idyllisch durch die Felder, immer wieder durch ein paar kleinere Örtchen, die recht verlassen wirken, aber wenigstens ĂŒber ein oder zwei Bars verfĂŒgten. Da ich allerdings noch Verpflegung vom Vortag im Rucksack hatte, die ich mir sicherheitshalber fĂŒr die lange Strecke eingepackt hatte, bin ich nicht eingekehrt, sondern wanderte mit kurzen Pausen durch bis zum Ziel. Mein Schienbein piesackte mich weiterhin sehr – blöd! Anfangs ging es noch, im Laufe des Tages wurde es aber immer schlimmer, erst gegen Ende ließ es dann plötzlich wieder ein wenig nach, keine Ahnung, wieso. Ein bisschen Sorgen machte ich mir aber schon, wie das wohl weitergeht. Der Weg in den Ort SahagĂșn hinein war ziemlich unattraktiv, die Stadt selbst auch nicht so doll. Recht wenig AtmosphĂ€re, außer ein paar alten Kirchen keine sonstigen, historischen GebĂ€ude. Halt ein Zwischenstopp und ziemlich genau die HĂ€lfte des Camino Frances, das war hier vermutlich die grĂ¶ĂŸte Besonderheit. Die Herberge war dafĂŒr umso netter, gehörte offensichtlich der Stadt SahagĂșn, wurde aber von Mönchen gefĂŒhrt. Ich kam in einem Vierbett-Dorm unter, eigenes Bad, hĂŒbscher Hof, alles sehr gepflegt, sogar BettwĂ€sche aus Stoff gab es! Nach dem Duschen und Waschen meiner HandwĂ€sche drehte ich noch eine kleine Runde durch den Ort, das Stadtbild war, wie schon gesagt, nichts Dolles. In einem Kloster nahe der Herberge sollte es noch einen Stempel fĂŒr den halben Weg geben, den man bis hierhin zurĂŒckgelegt hatte, leider war das Kloster aber geschlossen, so bekam ich den Stempel nicht. In einem Lokal traf ich einen mir schon bekannten Mitpilger aus Berlin, mit ihm zusammen aß ich zu Mittag. Ich entschied mich fĂŒr eine Ensalada russa mit Thunfisch und Feldsalat, die wirklich recht lecker war. Das gemeinschaftliche Abendessen in der Herberge gestaltete sich so, dass der erste Gang vom Haus gegen Spende serviert wird, zum zweiten Gang sollte dann jeder selbst etwas mitbringen, das fand ich irgendwie blöd, nachher hat man vermutlich nur fertige Tortillas, da sicherlich niemand vorher kochen will. Also entschied ich mich dafĂŒr, auswĂ€rts essen zu gehen und verabredete mich dafĂŒr mit dem Berliner gegen 19 Uhr an der Plaza Mayor. Bis dahin legte ich mich noch kurz hin und ruhte mich aus, insbesondere mein Bein. Wir trafen uns pĂŒnktlich, allerdings waren alle Lokale um den Platz schon belegt. Stattdessen gingen wir in ein anderes Lokal in der NĂ€he meiner Unterkunft, wo es KĂŒche aber erst ab 20:00Uhr gab. Also mussten wir die Zeit noch mit Tinto de Verano ĂŒberbrĂŒcken, danach aßen wir Lauch mit Schinken, offensichtlich eine hiesige SpezialitĂ€t als Vorspeise, ich anschließend eine KĂ€seplatte, die so riesig war, dass ich einiges an KĂ€se noch in einer Serviette (statt Doggy Bag) mit in die Herberge nahm. Mittlerweile war es schon etwas spĂ€ter, um 22:00 Uhr schlossen ja auch hier die Tore der Herberge, um 21:30 Uhr kam ich aber noch problemlos rein. Meine beiden MitschlĂ€fer (das vierte Bett blieb leer) machten sich auch gerade bettfertig, und so machten wir um kurz vor 22:00 Uhr das Licht aus.

đŸ„Ÿ: 23,0 km

Donnerstag, 22.09.2022: SahagĂșn – Reliegos

Um 7:00 Uhr gab es FrĂŒhstĂŒck, das im Übernachtungspreis von 6 € prinzipiell schon enthalten war. Es wurde aber trotzdem noch um eine extra Spende gebeten, was in Anbetracht des gĂŒnstigen Preises und der QualitĂ€t des FrĂŒhstĂŒcks auch okay war. Das war nĂ€mlich auch wirklich abwechslungsreich, verschiedene Sorten Wurst, KĂ€se Marmelade, MĂŒsli, viel Obst. Nur der Kaffee schmeckte nicht, war löslich bzw. zum WiederaufwĂ€rmen in der Mikrowelle – urghhh!

Um 7:45 Uhr machte ich mich heute auf den Weg. Ich wollte die Variante ĂŒber die alte Römerstraße Via Traiana gehen, was sich in vielerlei Hinsicht auch als lohnenswert erwies. TatsĂ€chlich gingen nĂ€mlich offensichtlich fast alle Pilger den Hauptweg, der teilweise nah an der Autobahn entlang fĂŒhrte. FĂŒr mich völlig unverstĂ€ndlich! Auf der Variante war wieder kaum jemand unterwegs, ich traf nur drei oder vier andere Wanderer, unter anderem auch meinen Berliner Mitpilger, mit dem ich mich am Abend zuvor schon darĂŒber unterhalten hatte und mit dem ich auch ein StĂŒck zusammen ging. Leider tat allerdings mein Schienbein trotz zwei Tabletten Ibuprofen 400 immer noch weh, so dass ich sein Tempo nicht mithalten konnte und er irgendwann dann wieder abzog. Es war aber auch ganz schön, die Strecke allein durch das Nichts zu laufen und die Gedanken fließen zu lassen, einzelne Gedankenblitze tauchten da auf, mal sehen, was sich ggf. daraus entwickelt. Man sagt ja, der Camino gibt einem nicht die Antwort auf die Fragen, auf die man Antworten sucht, sondern lenkt die Gedanken auf Dinge, an die man vorher vielleicht gar nicht gedacht hat!

Ähnlich wie die 17 km von Carrion de los Condes nach Calzedilla de la Cueza war die Strecke auch heute zweigeteilt: der erste Teil verlief durch schĂŒtteren Wald, bot dadurch teilweise Schatten. An einer Stelle war sogar ein Picknickplatz mit Brunnen angelegt, sehr schön und idyllisch. Nach dem Ort Calzedilla de los Hermanillos Ă€nderte sich die Landschaft aber, jetzt wurde es komplett flach, kaum noch BĂ€ume, die letzten fast 20 km verliefen ohne weitere Siedlung nur unter praller Sonne. Temperaturen waren zum GlĂŒck bis maximal 26 Grad angesagt, dennoch war das ziemlich fordernd und anstrengend. Dazu kam noch, dass man teilweise auf dem harten Originalpflaster aus der Römerzeit lief, was auch nicht gerade bequem war. So war ich froh, als ich endlich am Ziel in Religos ankam. Erst 2 km zuvor gab es dann noch einen Rastplatz, diesmal sogar schön unter einem schattigen Baum. Trotz des kurz bevorstehenden Ziels legte ich hier auch eine Pause ein, um meine KĂ€sereste vom Vorabend zu vertilgen, denn ich hatte mittlerweile doch schon ordentlich Hunger. Getrunken hatte ich ja unterwegs im Gehen schon des Öfteren, aber irgendwie bot sich keine richtige Gelegenheit mehr fĂŒr ein Picknick seit Calzedilla. Nach meiner Rast war es dann auch nicht mehr wirklich weit bis zum Zielort Reliegos. Wie schon hĂ€ufig sah man diesen Ort erst relativ spĂ€t, da er in einer Senke lag. Als ich ihn dann aber erblickte, war ich auch schon fast da. Am Ortseingang fanden sich wieder so seltsam mit TĂŒren verschlossene Höhlen im Hang, wie sich spĂ€ter herausstellen sollte, sind das Weinkeller oder auch Bodegas, in denen Weinproben stattfinden, so, wie ich das schon fast vermutet hatte. Die Unterkunft Las Hadas war einigermaßen okay, recht ordentlich, schlecht allerdings leider die Stromversorgung und die Ablagemöglichkeit an den Betten, beides war nicht vorhanden. Auch das WLAN funktionierte in meinem Bett nicht und auch im Garten nicht ĂŒberall, was schade war. DafĂŒr gab es wieder abschließbare SchrĂ€nke, immer ein beruhigendes Plus, auch wenn ich keine wirklichen Wertsachen mit mir rumschleppte. Ich meldete mich fĂŒrs Abendessen und fĂŒrs FrĂŒhstĂŒck an, beides vegetarisch, scheint die Linie der Besitzerin des Etablissements zu sein, die ein wenig an eine gestresste Pippi Langstrumpf erinnerte. Zum Abendessen gab es Salat, danach KichererbsengemĂŒse mit Reis, war durchaus ganz lecker. Zum Nachtisch folgte dann leider nur Dosenobst mit etwas frischem Apfel darin. Viel war in dem Ort Reliegos nicht los, er schien ziemlich ausgestorben, deswegen drehte ich nach den Essen auch keine Runde mehr, sondern surfte nur noch ein wenig im Internet, buchte eine weitere Unterkunft und versuchte dann, ab 21:30 Uhr zu schlafen.

đŸ„Ÿ: 31,9 km

Freitag, 23.09.2022: Reliegos – LeĂłn

Die Nacht war ganz okay, sowohl von den Temperaturen her, als auch vom GerĂ€uschpegel. Trotzdem standen natĂŒrlich die ersten schon wieder vor 5:00 Uhr auf, aber daran hat man sich ja mittlerweile gewöhnt. Ich krabbelte gegen 6:30 Uhr aus meinem Bett, nachdem ich auch nicht mehr schlafen konnte, ging aber erstmal runter ins Erdgeschoss, um dort zu frĂŒhstĂŒcken, denn das hatte ich ja vorbestellt. So konnte ich die weitere Zeit bis zum Sonnenaufgang gut ĂŒberbrĂŒcken, auch, um die noch Schlafenden nicht zu stören. Das FrĂŒhstĂŒck war ganz okay, nichts Besonderes. Gegen 7:00 Uhr ging ich wieder hoch, in meinem Schlafsaal waren von den zehn Betten mittlerweile nur noch zwei belegt, die beiden waren mittlerweile aber auch schon wach, so machte ich einfach mal das Licht an. Dadurch ging das Packen zum Schluss dann deutlich einfacher. Gegen kurz nach 7:00 Uhr verließ ich die Herberge. Es sollte heute der bisher am wenigsten schöne Wandertag des gesamten Urlaubs werden, dieses lag an mehreren Punkten. Zum einen fĂŒhrte die Strecke nahezu durchgĂ€ngig entlang einer stark befahrenen Landstraße, je mehr ich mich der Stadt LeĂłn nĂ€herte, umso dichter wurde der Verkehr. Wenn es mal nicht an der Straße entlang ging, ging es durch Brachland oder Industriegebiete. SehenswĂŒrdigkeiten gab es keine. Man hĂ€tte eigentlich in Mansulla de las Mulas in den Bus steigen können und hĂ€tte nichts versĂ€umt, sich aber einiges erspart! Hinzu kam nĂ€mlich als weiteres, dass auch mein rechtes Schienbein noch nicht wieder genesen war, ich merkt es den ganzen Tag ĂŒber, mal mehr, mal weniger. So war ich letztendlich froh, als ich LeĂłn erreichte. Wie ich schon am Vortag herausgefunden hatte, fĂŒhrte der Jakobsweg an der Endhaltestelle der Buslinie 6 vorbei, hier nutze ich dann die Gelegenheit und stieg ab dort tatsĂ€chlich in einen Bus, um die letzten vier bis fĂŒnf Kilometer durch die Vororte in die Stadt mit diesem zurĂŒckzulegen. In erster Linie ging es mir darum, mein Bein zu schonen, aber irgendwie hatte ich auch genug vom Wandern durch Vororte. Kurz vor der Bushaltestelle gab es einen doch noch ganz hĂŒbschen Blick ĂŒber die nicht so schönen Außenbezirke von LeĂłn, immerhin sah man aber auch zum ersten Mal die Kathedrale der Stadt. Der Bus kam nach kurzer Zeit, quĂ€lte sich ziemlich mĂŒhsam durch den Freitagnachmittagverkehr. An einem der nördlichen Tore der Altstadt stieg ich aus und lief die wenigen Meter bis zu meiner Unterkunft. Dort kam ich gegen kurz nach 13:00 Uhr an, konnte erfreulicherweise schon einchecken und auch meine Rechnung bezahlen, nachdem das am Vortag mit der Kreditkartenbuchung aus mir nicht erklĂ€rlichen GrĂŒnden nicht geklappt hat. Da ich Hunger hatte, ging ich direkt nebenan in ein nett aussehendes Burgerlokal, das auch gute Bewertungen im Netz hatte und aß einen ĂŒppigen und tatsĂ€chlich sehr leckeren Burger mit Pommes. Anschließend ging es wieder zurĂŒck ins Hotel, und mehr machte ich an diesem Tag auch nicht, da ich mir vorgenommen hatte, mein Bein hochzulegen und zu schonen. ZusĂ€tzlich kĂŒhlte ich es auch noch mit einem nassen Handtuch in der Hoffnung, dass die Reizung bzw. EntzĂŒndung darunter ein wenig zurĂŒckgeht. So verbrachte ich den Abend, hatte auch keinen großen Hunger mehr, ging daher auch nicht noch einmal zum Essen raus und löschte gegen 22:00 Uhr das Licht.

đŸ„Ÿ: 21,3 km