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Galizien 2

Dienstag, 04.10.2022: Portomarín – Palas de Rei

Wieder war die Nacht sehr ruhig und angenehm, wir haben gut geschlafen. Frühstück gab es ab 7:30 Uhr, war nicht ganz so abwechslungsreich wie im letzten Hotel, aber auch noch recht vielfältig, nur der Kaffee war auch hier nicht wirklich gut. Da bekommt man überall deutlich besseren Kaffee, wenn man hier in eine Bar zum Frühstück geht! Um 8:10 Uhr starteten wir, die Etappe sollte heute etwas länger werden als gestern, landschaftlich hat sie mich aber nicht so sehr begeistert. Am Morgen herrschte noch eine schöne Stimmung mit viel Nebel über den Feldern, der sich erst im Laufe des Vormittags lichtete. Auch war anfangs noch nicht so viel Betrieb, voller wurde es erst im Laufe des Vormittags. Es ging insgesamt ziemlich viel bergauf, mehr als 500 Höhenmeter, die sich über die ersten 15 km der Tagesetappe erstreckten. Teilweise waren die Steigung gemächlich, teilweise aber auch ganz ordentlich, so dass man durchaus ans Schnaufen kam. Unsere erste Mittagspause legten wir in O Hospital ein, wo wir eine super leckere Tortilla aßen, die direkt aus der Küche kam und dabei noch dampfte. Sie war auch nicht so flach wie üblich, sondern richtig hoch, wie ein Rührkuchen. Eine zweite Pause mit einem Stück Schokokuchen, ebenfalls ganz lecker, gab es in A Brea, kurz vor Palas do Rei. Was heute nicht so schön war, war die Tatsache, dass wieder mal längere Etappen auf einem Wanderweg neben der Landstraße verliefen, da waren die Abschnitte auf kleinen Nebenstraßen und durch die niedlichen Dörfer sicher pittoresker. Besondere Sehenswürdigkeiten gab es auch nicht, lediglich ein schönes Wegkreuz nach etwa der Hälfte der Strecke, ansonsten ein paar einfache und romanische Dorfkirchen. Vor allem in den höher gelegenen Anteilen des Weges war die Vegetation oft eher spärlich, teilweise hatte man auch den Eindruck, dass hier Wälder zwecks Bewirtschaftung abgeholzt wurden, daher sah die Landschaft nicht ganz so lieblich grün aus wie die vielen Kuhweiden in den bisher durchwanderten, niederen Regionen. In Palas de Rei warfen wir noch einen Blick in die romanische Ortskirche, die von innen aber ziemlich nüchtern war, und riefen dann, wie wir es laut Reisebeschreibung tun sollten, beim Reiseveranstalter vor Ort an, um ein Taxi zu bestellen, das uns zu unserer einige Kilometer außerhalb liegenden Unterkunft bringen sollte. Leider gestaltete sich das deutlich schwieriger als erwartet, denn alle Taxis des Ortes waren im Einsatz, so mussten wir fast anderthalb Stunden am Taxistand warten, was recht nervig war. Gegen kurz vor 18:00 Uhr kamen wir dann schlussendlich aber doch in unserem Hotel an und checkten ein. Das Hotel war ganz hübsch, von der Einrichtung her schon etwas älter, aber sauber und es war alles da, was man brauchte. Nach dem Duschen und Waschen der Wäsche drehte ich noch einen kurzen Erkundungsgang um die Anlage. Für den Folgetag wurde uns vorgeschlagen, dass wir direkt vom Hotel aus zum Jakobsweg laufen sollten, eine Strecke von 3 km. Dadurch würden wir zwar 6 km vom eigentlichen Jakobsweg nicht begehen, hätten aber auch 3 km Wegstrecke gespart, was an dem morgigen, mit 28 km recht langen Tag durchaus Sinn machte, so dass wir uns für diese Option entschieden. Um 20:00 Uhr gab es Abendessen, und das war wirklich lecker, auch sehr nett angerichtet. Insofern war es nicht schlimm, dass wir bei dem abseits gelegenen Hotel keine Restaurants als Alternativen hatten. Ich nahm als Vorspeise Rührei mit Krabben, als 2. Gang Seebarsch, zum Nachtisch Pudding (Natillas). Nach einem gemütlichen Abend haben wir erst um 23:00 Uhr das Licht ausgemacht, zumal es am nächsten Morgen Frühstück erst ab 8:00 Uhr geben sollte.

🥾: 26,5 km

Mittwoch, 05.10.2022: Palas de Rei – Arzúa

Und erneut habe ich wieder herrlich geschlafen, eine sehr angenehm temperierte und ruhige Nacht bei offenem Fenster, zumal ja auch im Umkreis weit und breit kein anderes Haus zu finden war. Der Wecker ging um kurz nach 7:00 Uhr, Frühstück gab es, wie angekündigt, ab 8:00 Uhr. Zum ersten Mal gab es heute tatsächlich eine andere Sorte Marmelade außer den üblichen Pfirsich oder Erdbeer, nämlich Mirabelle, was für eine Sensation! Nachdem wir uns am Vorabend ja bereits entschieden hatten, vom Hotel aus loszulaufen, starteten wir unsere Wanderung gegen 9:00 Uhr. Offensichtlich waren wir auch die Einzigen, die das so machten, denn auf den ersten 3 km sahen wir keinen einzigen Wanderer – wie schön! Es ging über kaum befahrene Landstraßen durch silbrig im Morgentau glänzende Eukalyptuswälder, bis wir auf den Jakobsweg trafen, wo dann gleich wieder ordentlich Betrieb war. Wie auch schon in den letzten Tagen führte uns der Camino durch viele kleine Dörfer und Ansiedlungen, es ging immer wieder auf und ab, teilweise recht ordentlich, sodass auch wieder einige Höhenmeter zusammenkamen. Etwa zur Mittagszeit erreichten wir Melide, eine überraschend große Stadt, gefühlt fast so groß wie Sarria. Da wir nach dem üppigen Frühstück noch keinen größeren Hunger hatten, entschieden wir uns, lediglich Churros mit dicker, heißer Schokolade in einem Café zu essen anstelle von Oktopus, für den die Stadt berühmt ist, es gab hier einige sog. Pulperias. Die Churros waren aber auch wirklich lecker! Anschließend ging der Weg weiter, die Steigungen bzw. abschüssigen Wegstrecken nahmen gefühlt eher noch zu, vielleicht lag dieses aber auch nur daran, dass man naturgemäß im Laufe des Tages zunehmend etwas erschöpfter wurde. Kulturelle Sehenswürdigkeiten gab es auch heute nicht viele, wirklich schön waren jedoch die Malereien in der romanischen Kirche Santa Maria von Melide, darüber hinaus gab es auch ähnliche Fresken in einer Kirche zuvor am Weg in O Leboreiro. Wie schon erwähnt waren auch heute wieder viele Menschen unterwegs, es kam mir aber nicht mehr ganz so schlimm vor, entweder verteilte es sich besser auf der Strecke oder man hatte sich langsam schon an die Massen gewöhnt. Dennoch gab es aber kaum Phasen, an denen man nicht irgendwo vor oder hinter sich andere Pilger sah. Einmal gab es einen Alternativweg, der auch ausgeschildert war, den aber kaum jemand nahm. Wir machten das, und das war auch sehr schön, für zwei Kilometer waren wir ganz allein in der grünen Landschaft Galiziens. Vormittags war es sehr lange sehr neblig, bis der Nebel aufriss, dauerte es eine ganze Zeit. Danach hatten wir ein paar Stunden Sonne und blauen Himmel bei angenehmen Temperaturen, bis es aber etwa gegen 15 Uhr zu nieseln anfing, nicht viel, aber doch ein bisschen unangenehm. Gegen Ende des Tages ließen auch unsere Kräfte ein wenig nach, so dass wir froh waren, als wir endlich gegen 16:45 Uhr unser Hotel erreichten. Der Empfang war freundlich, das Zimmer einfach, aber okay. Es verfügte sogar über eine relativ große Terrasse, schade, dass wir diese erste, private Terrasse des Urlaubs gerade heute bei Regenwetter nicht nutzen konnten, ansonsten hätte man hier schön in der Nachmittagssonne sitzen und seine Wäsche trocknen können! Das Wäschwaschen musste ich natürlich trotzdem erledigen und hoffte darauf, dass die Teile auch bis zum nächsten Tag zumindest halbwegs trocken werden. Gegen 19:30 Uhr machten wir uns auf den Weg in die Stadt zum Essen, was doch noch mal ein etwas längerer Weg von fast einem Kilometer pro Strecke war, denn das Hotel lag recht weit außerhalb. Schon beim Ankommen hatte ich den Eindruck, dass Arzúa keine wirklich schöne Stadt war, das sah auch jetzt auf dem Weg zum Abendessen wieder so aus. Überhaupt waren die Städte auf dem letzten Teilstück des Jakobswegs hier in Galizien nicht wirklich pittoresk im Gegensatz zu vielen anderen Städten zuvor mit hübscher Innenstadt. Wirklich nett waren hier lediglich die kleinen Dörfer zwischendurch und natürlich die herrliche Landschaft. Wir fanden ein Lokal in der Hauptstraße, wo wir ein ganz leckeres Menü vertilgten, Kostenpunkt wieder 12 € pro Person. Bis wir zurück im Hotel waren, war es schon fast 22:00 Uhr, so dass wir auch nicht mehr lange wach bleiben. Der Regen hatte zum Glück aufgehört, daher sind wir bei unserem Spaziergang in die Innenstadt von Arzúa zum Glück zumindest trocken geblieben.

🥾: 26,5 km

Donnerstag, 06.10.2022: Arzúa – O Pedrouzo

Abends sind wir rasch eingeschlafen, auch diese Nacht war wieder sehr angenehm unter mollig warmen Bettdecken, unter denen man nicht schwitzte – sehr schön! Die Nachbarn standen um 6:30 Uhr auf, bei den dünnen Wänden hörte man den Wecker leider auch bei uns. Um kurz vor 8:00 Uhr waren wir mit allem fertig und warteten auf der Straße auf unseren Taxidienst, der uns zum Frühstück in die Stadt bringen sollte, denn das Hotel bot kein Frühstück an, daher wurden wir dafür in die Stadt gebracht. Das Taxi kam pünktlich und setzte uns am Hauptplatz in Arzúa ab, wo wir ein eher überschaubares Frühstück in einem Café erhielten, bestehend aus einem großen Schokocroissant, einem Kaffee und einem Orangensaft, mehr nicht. Qualitativ sicher besser als zuletzt in den Hotels, was Menge und Auswahl anbelangt allerdings deutlich weniger. Trotzdem genossen wir es und machten uns gestärkt gegen 8:30 Uhr auf den Weg. Heute hatten wir nur 20 km vor uns, morgens herrschte noch extrem viel Betrieb, im Laufe des Tages verliefen sich die Massen zum Glück aber, so dass die Abstände zwischen den Wanderern wieder größer wurden. Dennoch gingen die Menschenmengen mir hier zunehmend auf den Geist. Sicher soll jeder so pilgern, wie er mag, aber bei vielen hat man schon den Eindruck, dass das hier eher Event-Charakter hat, der eigentliche Geist des Pilgerns fehlt da doch ein wenig. Sicherlich bin auch ich nicht mit derselben „frommen“ Intention hier unterwegs wie die Leute im Mittelalter, aber etwas anderes als einfach nur irgendeine Wanderung ist das hier für mich doch schon. Sowohl von der Natur her, als auch von der Wegführung hat uns beiden die heutige Etappe wieder besser gefallen als die vom Vortag. Man lief nicht so viel unmittelbar an der Landstraße entlang und auch die Landschaft war freundlicher und abwechslungsreicher. Etwa auf der Hälfte der Strecke legten wir eine Pause ein und stärken uns mit herzhaften Bocadillos, um das etwas spärliche Frühstück wieder auszugleichen. Gegen 15:00 Uhr erreichten wir unsere schöne Unterkunft in O Pedrouzo in einem alten Haus mit schickem Anbau, in dem auch unser Zimmer lag. Nachdem wir unsere Koffer dort abgestellt hatten, gönnten wir uns erst einmal eine Sangria im Garten der Unterkunft, die ausgesprochen lecker war, ehe wir duschten und ich ein letztes Mal meine Wäsche wusch. Grundsätzlich wäre das nicht mehr nötig gewesen, aber ich wollte zur Sicherheit noch ein sauberes Ersatzset Kleidung dabei haben. Zum Abendessen ging es zurück in den Ort, denn unsere Unterkunft lag auch hier wieder etwas außerhalb, zum Glück aber nicht ganz so weit wie in Arzúa, außerdem war das Wetter heute besser. Wir kauften erst noch ein paar Mitbringsel für zuhause ein, danach suchten wir eines der diversen Lokale an der Hauptstraße zum Essen aus. Da ich gerne hier in Galizien doch noch einmal die lokale Spezialität Pulpo (Oktopus) essen wollte, fiel die Wahl auf ein Lokal, dass das anbot. Im Touristenmenü war Pulpo natürlich nie enthalten, deshalb musste ich etwas teurer à la carte essen. Ich entschied mich für Pulpo vom Grill, der war auch ganz lecker, wenn auch, wie Mahlzeiten hier des öfteren, mit ziemlich viel Olivenöl getränkt. Zum Abschluss gab es noch einen galizischen Kräuterlikör auf Eis, ehe wir den Weg zurück in unsere Unterkunft antraten. Morgen soll dann schon der letzte Wandertag sein, das Ziel Santiago lag unmittelbar vor mir nach fast 5 Wochen!

🥾: 20,3 km

Freitag, 07.10.2022: O Pedrouzo – Santiago de Compostela

Frühstück sollte es heute ab 7:00 Uhr geben, als wir pünktlich eintrafen, war noch nicht alles fertig, ca 10 Minuten mussten wir noch warten, dann gab es, wie üblich, Kaffee, Orangensaft und Tostada. Na gut, besser als nichts… Wir kamen daher recht früh los, das machte sich heute auch insofern positiv bemerkbar, als dass bei unserem Aufbruch deutlich weniger Betrieb war als an den Tagen zuvor. Es waren fast nur Individualwanderer unterwegs, noch keine organisierten Gruppen oder ähnliches, was sehr angenehm war. Es war allerdings auch noch ziemlich finster, als wir losliefen. In der Stadt ging das noch beim Licht der Straßenlaternen, im Wald war es ohne Taschenlampe dann schon schwieriger. Zum Glück hatten wir aber vor oder hinter uns immer Leute, die den Weg erhellten, wenn auch in einiger Entfernung, aber so konnten wir uns wenigstens einigermaßen orientieren. Ab 8:15 Uhr etwa wurde es langsam heller, es dämmerte, das Laufen war dann kein Problem mehr. Wir kamen zügig voran, der Weg war ähnlich wie auch am Vortag durchaus recht schön, abseits der Landstraße ging es durch die Landschaft. Wir passierten den Flughafen und erreichten dann Lavacolla, wo Thomas nach seiner Ankunft mit dem Flugzeug die erste Nacht in Spanien verbracht hatte und wo wir jetzt auf einen Kaffee einkehrten. Weiter ging es, stetig bergauf auf den Monte do Gozo. Oben holte ich mir den letzten Stempel für meinen 2. Pilgerpass, denn damit war auch der jetzt voll! Weit in der Ferne erblickten wir dort zum ersten Mal die Türme der Kathedrale von Santiago, dem ersehnten Ziel. Auch wenn die im Gewirr der Vorstadtdächer ein wenig untergingen, stellte sich doch ein tolles Gefühl ein. Ich hatte mir den ersten Eindruck von Santiago noch ein bisschen spektakulärer vorgestellt, aber so ist das halt manchmal, wenn die Realität die Fantasie schlägt. Es folgte der Abstieg vom Berg, vorbei an den unheimlich großen Anlagen der hiesigen Pilgerherberge, hinab nach Santiago. Wie üblich zog sich der Weg in die Stadt hinein ziemlich, war hier aber irgendwie doch etwas abwechslungsreicher als in Burgos oder Leon. Vielleicht lag das allerdings auch nur an der wachsenden Vorfreude auf die Ankunft. Die letzten Meter auf den Platz vor der Kathedrale waren dann dementsprechend etwas ganz Besonderes. Ich/wir hatten es endlich geschafft, nach 800 bzw. 115 Kilometern! Nach einem ersten Blick auf die Kathedrale liefen wir dann aber erstmal weiter zum Pilgerbüro, denn da ich nicht wusste, wie lange man dort auf die Pilgerurkunde warten muss, wollte ich mich das erstmal erledigen. Wir konnten aber nach nur 30 Minuten Warten unsere Urkunden schon in Empfang nehmen, das war gut organisiert.

🥾: 20,5 km

Danach, wir hatten inzwischen großen Hunger, gab es erst einmal etwas zu essen. Hierzu suchten wir ein Lokal in der Nähe der Markthalle auf, wo die Preise nicht ganz so hoch sein sollten, und gönnten uns dort leckere Tapas. Anschließend ging es zurück auf den Platz vor der Kathedrale, um noch einmal die Atmosphäre dort in uns aufzunehmen, unsere Ankunft zu feiern und natürlich auch im Foto zu dokumentieren, zumal jetzt die Sonne herum gewandert war und die Westfront nicht mehr im Schatten lag. Schließlich suchten wir unser Hotel auf, das etwas außerhalb der Innenstadt, aber doch noch recht günstig gelegen war. Hier machten wir uns kurz frisch, ehe wir das Hotel gegen 17:00 Uhr wieder verließen, da um 17:30 Uhr unsere Stadtführung an der Kathedrale starten sollte, die im Preis der gebuchten Pauschalreise mit enthalten war. Die Führung war durchaus kurzweilig und interessant, dennoch mussten wir sie leider vorzeitig gegen 18:30 Uhr verlassen, um uns in die Schlange zur Pilgermesse anzustellen. Als wir an der Kathedrale ankamen, war die Schlange schon ganz schön lang, später wurde sie nahezu endlos, reichte einmal um die halbe Kathedrale herum! Da wir aber früh da waren, bekamen wir auch noch einen schönen Sitzplatz im Seitenschiff mit guter Sicht. Die gesamte Messe war auf Spanisch, verstanden habe ich nicht viel, aber trotzdem war es eine schöne Atmosphäre, auch wenn leider nicht, wie erhofft, der Weihrauchkessel, der sog. „botafumeiro“ in Aktion gesetzt wurde. Im Internet stand zwar an manchen Stellen, dass das bei der Pilgermesse am Freitag der Fall sein soll, das war aber wohl offensichtlich ein Fehlinformation – schade! Nach dem Gottesdienst suchten wir uns ein Lokal zum Abendessen aus, denn es sollte ja ein würdiges „Abschiedsessen“ werden. Fündig wurden wir in der Bar „Coruña“, wo wir jeder zwei Raciones aßen, für mich gab es Muscheln und Calamares, dazu gab es einen leckeren Wein aus der Region Rias Baixas. Anschließend drehten wir noch eine letzte Runde um die jetzt illuminierte Kathedrale. Auf dem Platz davor spielte eine Combo spanische und mexikanische Weisen, sorgte so für ordentlich Stimmung, eine nette und lockere Atmosphäre herrschte dort. Alles in allem zog sich der Abend noch lange hin, da es so schön war, vermutlich wollten wir einfach nicht wahr haben, dass der Urlaub bald vorbei sein sollte. So waren wir erst nach 23 Uhr wieder im Hotel und löschten erst kurz vor Mitternacht das Licht.

Samstag, 08.10.2022: Santiago de Compostela und Rückflug

Der letzte Urlaubstag brach an! Schon lange lag der Beginn des Urlaubs zurück, und doch konnte ich kaum glauben, dass die fünf Wochen auf dem Jakobsweg bereits zu Ende waren! Gerade die letzten Tage zusammen mit Thomas gingen sehr schnell rum. Wir hatten jetzt noch einen Vormittag Zeit, den wir in Santiago verbringen konnten, ehe wir am frühen Nachmittag Richtung Flughafen aufbrechen mussten. Das Frühstück im Hotel war sehr gut, viel frisches Obst, Wurst, Käse, lediglich warme Speisen wie Rührei oder Speck fehlten, ansonsten war alles da. Beim Auschecken deponierten wir die Koffer an der Rezeption und spazierten dann wieder in die Innenstadt für eine letzte Runde. Um die frühe Uhrzeit, gegen 9:30 Uhr, war noch nicht viel los. Unser erster Weg führte uns in Richtung Markthalle, die, wie Markthallen häufig, viel fürs Auge bot, gerade die Fisch- und Gemüseabteilungen. Danach ließen wir uns weiter durch die Innenstadt treiben. So erreichten wir schließlich wieder die Kathedrale, wo wir noch das Grab des heiligen Jakob besichtigen wollten. Dazu konnten wir durch die Pforte der Vergebung gehen, da auch 2022 ein Heiliges Jahr war. Eigentlich wäre das schon 2021 gewesen, aber da wegen Corona nicht alle Pilger anreisen konnten, hat der Papst das Heilige Jahr einfach mal verlängert. Wie gut für uns! Als wir eintrafen, wartete niemand davor, wir konnten sofort eintreten. Zumindest mir war das erlaubt, Thomas musste wegen seines Rucksacks draußen bleiben, obwohl der wirklich nicht groß war, aber Rucksäcke waren hier verboten. Die Tür zum Grab war erst auch noch verschlossen, als ich eintrat, vermutlich, da der Gottesdienst gerade noch lief, wurde dann aber direkt geöffnet, so dass ich einer der ersten war, der davor standen, es gab noch keine Schlange. Das war sehr angenehm und auch angemessen, aber auch hier überkam mich wieder ein eigenartiges Gefühl. Einerseits war es ein Grab in einer Krypta wie viele andere auch, die ich schon gesehen hatte, aber trotzdem war es hier etwas Besonderes, das Ziel von Millionen von Pilgern auf dem Jakobsweg in den letzten Jahrhunderten und jetzt auch von mir. Nachdem ich wieder draußen war, nahm ich Thomas’ Rucksack, so dass er auch noch hineingehen konnte, um sich das Grab anzuschauen. Anschließend besichtigen wir beide in Ruhe noch einmal die Kathedrale selbst, die man durch einen anderen Eingang betrat, denn das war ja während des Gottesdienstes am Vortag nicht möglich. Allerdings war es jetzt deutlich unruhiger und weniger feierlich als gestern! Neben dem Hauptschiff und dem Altar war eine direkt anschließende, präromanische Kapelle auch recht hübsch, die interessanterweise eine eigene Pfarrei darstellte. auch, wenn sie räumlich komplett in die Kathedrale integriert war. Beim Verlassen der Kathedrale hatte sich mittlerweile an der Pforte der Vergebung schon wieder eine lange Schlange gebildet, da hatten wir offensichtlich gerade Glück mit dem Zeitpunkt unseres Eintreffens! Wir liefen noch einmal über die Praza do Obradoiro, den Platz vor der Kathedrale, genossen ein letztes Mal die Atmosphäre dort und machten dann einen Spaziergang zum Stadtpark auf einem Hügel auf der anderen Seite des Tales, von wo aus man einen wirklich schönen Blick auf die Kathedrale und über die Dächer der Altstadt hatte. Danach ging es wieder zurück bis zu einem Lokal in der Nähe unseres Hotels, das wir uns am Vorabend ausgeguckt hatten und wo wir zu Mittag Tapas aßen. Hier funktionierte das ganz praktisch, ohne Sprachverständigungsschwierigkeiten, denn man nahm sich von den bereitgestellten Tapas einfach die, die man wollte und zahlte hinterher anhand der Stäbchen auf dem Teller, ähnlich wie beim japanischen Sushi. Das Essen war auch wieder ganz lecker, dazu gab es einen letzten Tinto de Verano. Wir besorgten uns anschließend in einem Supermarkt nebenan noch ein wenig Verpflegung für den Rückflug, gingen dann zum Hotel, holten unsere Koffer ab und liefen mit diesen zur nahegelegenen Bushaltestelle. Etwa 10 Minuten mussten wir auf den Bus warten, der uns dann für 1 Euro pro Person in geschätzt etwas über einer halben Stunde zum Flughafen brachte. Viele Leute mit Gepäck waren in dem Bus, er war ganz schön voll! Etwa zweieinhalb Stunden vor Abflug waren wir am Flughafen, konnten nach kurzer Wartezeit einchecken und verbrachten die restliche Zeit hinter der Sicherheitskontrolle am Gate. Unser Flieger kam ca. 15 Minuten zu spät aus Frankfurt-Hahn an, mit ebenfalls 15 Minuten Verspätung starteten wir um kurz nach 18 Uhr wieder zurück gen Heimat. Der Flug ging erstmal Richtung Norden, man sah Santiago zur Linken, allerdings nur undeutlich und im Gegenlicht, ein letztes Foto aus der Luft war da leider nicht möglich. Etwas schöner war der Blick auf La Coruña und die dortige Bucht, ehe wir kurze Zeit später schon über der Biskaya waren. Bei Nantes trafen wir wieder auf die französische Küste und über Paris und vorbei an Luxemburg landeten wir gegen 20:30 Uhr in Frankfurt-Hahn. Das Ausladen des Gepäcks dauerte dort etwas länger, und nachdem wir unseren Rucksack bzw. Koffer erhalten hatten, mussten wir noch ca. 800 m bis zum Parkplatz laufen, wo unser Auto unversehrt und wohlbehalten stand. Es sprang netterweise auch sofort an und brachte uns schnell und sicher nach Hause, wo wir um kurz vor Mitternacht eintrafen. Ich war recht müde, so dass ich tatsächlich für ca. 15 Minuten im Auto einmal wegnickte. Daher war ich froh, dass Thomas die Fahrt durch die Dunkelheit nichts ausmachte. Nach einem langen Tag stellten wir erstmal nur unsere Koffer ab und gingen rasch ins Bett, alles weitere wurde auf die nächsten Tage verschoben. Die Heimat hatte mich wieder!

Und weiter …

Nach über 800 km hatte ich aber immer noch nicht genug vom Jakobsweg. Deshalb ging es schon bald nach meiner Rückkehr weiter. Zuhause, in NRW. Denn auch hier gibt es Jakobswege…